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Wintereinbruch in Ostdeutschland – Kritik an DB Netz

22.03.18 (Fernverkehr, Güterverkehr, Ostdeutschland, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Nachdem es am vergangenen Wochenende insbesondere im Großraum Ost- und Mitteldeutschland zu erheblichen Einschränkungen gekommen ist, üben Mofair, das Netzwerk Europäische Eisenbahnen sowie die im SPNV tätigen Unternehmen Abellio und Transdev schwere Kritik an DB Netz. „Der Infrastrukturbetreiber DB Netz muss wetterfest werden“, so Matthias Stoffregen, Geschäftsführer bei Mofair.

Die technische und personelle Ausstattung von DB Netz müsse dringend überprüft werden, um künftig solchen relativ üblichen Wetterphänomenen trotzen zu können, ohne dass wieder alle Räder stillstehen. Der Verband reagiert mit Unverständnis auf die Einstellung des Zugverkehrs.

„Nach den Stürmen im Herbst sorgten nun Tage im Voraus angekündigte Schneefälle für ein beispielloses Verkehrschaos in Mitteldeutschland. Mit derartigen Aktionen wird das Vertrauen der Reisenden in den Verkehrsträger Eisenbahn nachhaltig zerstört. Der Infrastrukturbetreiber DB Netz muss endlich wetterfest werden“, so Stoffregen.

Darüber hinaus fordert man auch die Bundesnetzagentur und das Eisenbahnbundesamt auf, einzugreifen. Stephan Krenz, Präsident von Mofair und CEO der Abellio GmbH, hält die Zustände für inakzeptabel: „Das System Schiene muss zu jeder Jahreszeit zuverlässig funktionieren. Es ist nicht vermittelbar, dass angesichts mäßigen Schneefalls der komplette Schienenverkehr in Mitteldeutschland zum Erliegen kommt.“

Für die Darbietung von DB Netz hat man keinerlei Verständnis. Das gilt umso mehr vor dem Hintergrund der Tatsache, dass so manch ein Autofahrer gerade bei schlechtem Wetter auf öffentliche Verkehrsmittel ausweicht. Wer Ganzjahresreifen fährt, verlässt sich drauf, dass die Schiene selbst bei angekündigtem Neuschnee funktioniert.

Dabei ist es für den Fahrgast auch unerheblich, wer seinen Zug nun am Ende fährt: Ob Abellio, DB Regio, die verschiedenen Unternehmen von Transdev oder wer auch immer. Die Fahrgäste unterscheiden in der Regel nicht einmal zwischen den Verkehrs- und Infrastrukturbetreibern. Der Endkunde fordert, dass das System funktioniert, egal wer zuständig ist.

„Ungeheizte Weichen im Winter an wichtigen Knotenpunkten oder fehlendes Personal zur Sicherstellung des Betriebes dürfen nicht sein. Ich fordere die Aufsichtsbehörden auf, die technische und personelle Ausstattung der DB Netz AG grundlegend auf den Prüfstand zu stellen“, unterstreicht Krenz.

Die Forderung, dass die Aufsichtsbehörden sich derartigen Streckensperrungen annehmen sollen, unterstützt auch Peter Westenberger, Geschäftsführer beim Netzwerk Europäischer Eisenbahnen. „Schneefall, der in Ländern mit leistungsfähigen Bahnsystemen wie der Schweiz, Russland oder Schweden nur ein müdes Blinzeln auslöst, wird bei der DB Netz zum Anlass genommen, Hauptschlagadern und Nebenstrecken des Schienennetzes zwei Tage und länger zu sperren.“

Westenberger: „Es muss ein Ende haben, dass die ganz offenbar unzureichenden Ressourcen bei DB Netz Schäden in Millionenhöhe bei den Verkehrsunternehmen und ihren Kunden verursachen.“ Er verwies auf die Kette von Strecken- und teilweise netzweiten Sperrungen bei Stürmen, zusammengebrochenen oder zeitlich überzogenen Baustellen und Wetterkapriolen.

Westenberger vermutet, dass auch die für das Top-Management geltenden Anreizsysteme zur Steigerung der Pünktlichkeit, Teil des Problems sein könnten: „Denn gesperrtes Netz bedeutet in der DB-Logik: null Verspätungsminuten.“

Ähnlich sieht es auch Dirk Bartels, Geschäftsführer der Transdev Mitteldeutschland GmbH: „Wir möchten uns bei unseren Fahrgästen für die zahlreichen Beeinträchtigungen ausdrücklich entschuldigen. Wir haben uns rund um die Uhr bemüht, die Auswirkungen auf unsere Fahrgäste so gering wie möglich zu halten und wären gerne nach unserem üblichen Fahrplan verlässlich gefahren, doch wegen zahlreicher ausgefallener Weichen und gesperrter Streckenabschnitte von DB Netz vor allem im Bahnhof Leipzig war dies leider nicht mehr möglich. In den betroffenen Netzen hatten wir 15 Komplettausfälle und rund 50 Teilausfälle bei unseren Zugverbindungen.“

Die Transdev-Gruppe fordert nun ernsthafte Konsequenzen. Tobias Heinemann, Sprecher der Geschäftsführung: „Die Aufsichtsbehörden müssen die personelle und technische Ausstattung sowie die Prozesse der DB Netz AG daraufhin untersuchen, ob der gesetzlich vorgesehene ungehinderte Netzzugang bei den zahlreichen Mängeln in der Infrastruktur noch gewährleistet werden kann.“

Siehe auch: Alle reden vom Wetter. Wir auch.

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