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SPFV auch in der Fläche gewährleisten

22.06.17 (Bayern, Berlin, Brandenburg, Fernverkehr, Kommentar, Thüringen, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Ob es nun die Vorzeigestrecke zwischen den Metropolregionen Köln und Rhein-Main ist oder das neue Verkehrsprojekt Deutsche Einheit 8 – der Hochgeschwindigkeitsverkehr mit einer Spitzengeschwindigkeit von 300km/h und mehr repräsentiert die längst vergangenen Bodenhansa-Phantasien des früheren Bahnchefs Hartmut Mehdorn. Das mag alles in Ordnung sein und sicher rücken die drei Hauptstädte Berlin, Erfurt und München auf der Schiene auch näher zusammen.

Man darf darüber aber nicht vergessen, dass ein integraler Taktfahrplan und ein Deutschlandtakt aus mehr bestehen muss als einigen schnellen Punkt-zu-Punkt-Verbindungen. Und es reicht auch nicht, sein SPNV-Netz auf einzelne SPFV-Zugangspunkte auszurichten. So ist im Freistaat Thüringen nicht nur der Nord-Süd-Verkehr zwischen Deutschlands Wirtschaftshauptstadt München und der politischen Hauptstadt Berlin zu beachten, sondern auch der Ost-West-Verkehr etwa zwischen Dresden und Kassel.

Überhaupt könnte man beim Blick auf den thüringischen SPFV den Eindruck haben, es handele sich vielleicht um eine Halbinsel in der Nord- oder Ostsee – es ist eben insgesamt recht dürftig. Die zentrale Lage in der Mitte Deutschlands müsste daher an und für sich deutlich intensiver sein. Jetzt kann man darüber diskutieren, ob man den Bund stärker in die Pflicht nehmen muss oder nicht.

Nachdem im Bundesrat zwei Gesetzesinitiativen zum Thema Fernverkehr verabschiedet wurden, die es aber beide nie in den Bundestag geschafft haben – vermutlich sind sie auf dem Postweg verloren gegangen – muss jedem klar sein, was Sache ist: Der Bund hat kein Interesse am Fernverkehr und stellt sich nach wie vor auf den Standpunkt, dass es per definitionem überall dort kein Verkehrsbedürfnis für den SPFV gibt, wo DB Fernverkehr nicht bereit ist, eigenwirtschaftlich zu fahren.

Natürlich können die Länder noch einen dritten Gesetzesentwurf im Bundesrat verabschieden, sie können das auch bis zum zehnten oder zwanzigsten Gesetzesentwurf treiben, aber irgendwann muss man dann man verstehen, wie sinnlos derartige Vorhaben sind. Die Länder müssen andere Wege. Man kann vielleicht in Karlsruhe vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Artikel 87e des Grundgesetzes verpflichtet den Bund, ein Fernverkehrsgesetz zu erlassen, das tut er aber nicht.

Denn damit ist auch die Zuständigkeit für bestellten SPFV definiert, sie liegt gerade nicht bei den Ländern und ihren Aufgabenträgern. Entsprechend sind die Regionalisierungsgelder in den Ländern auch nicht für Fernverkehrsleistungen da, sondern zur Finanzierung der konsumtiven Kosten der Flächenerschließung. Gut, man kann das vielleicht pragmatisch sehen und denken „Warum nicht?“

Dann sollen die Länder sich zusammentun und sehr lang laufende Eisenbahnleistungen gemeinsam ausschreiben. Düsseldorf – Erfurt, Essen – Frankfurt, was auch immer. Dann hätte man bei solchen langen Zugläufen einen ähnlichen Wettbewerb wie im Regionalverkehr. Nur eins ist gescheitert: Die Eigenwirtschaftlichkeit im SPFV. Es wird Zeit, sich von diesem eisenbahnpolitischen Irrtum zu verabschieden.

Siehe auch: VDE 8 steht vor der Eröffnung

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