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Den ÖPNV zukunftsfest machen

11.04.24 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Wenn wir uns die Verkehrsinfrastruktur in den Metropolen Westdeutschlands angucken, dann erleben wir in der Regel Anlagen, die nach dem zweiten Weltkrieg geplant und in der Wirtschaftswunderzeit umgesetzt worden sind. Natürlich gab es im weiteren Verlauf noch Ausbauten und Verbesserungen, aber im wesentlichen erleben wir Anlagen, die aus der Mitte des letzten Jahrhunderts stammen und für diese Zeit konstruiert worden sind. Damals sprach man von der Massenmotorisierung und den autogerechten Städten, aber auch schon von modernen und leistungsfähigen öffentlichen Verkehrsmitteln.

S- und U-Bahnen sollten die Bürger schnell ins Zentrum bringen und während die Schiene in der Bonner Republik durch die Misswirtschaft der alten Behördenbahn insgesamt vernachlässigt worden ist, so hat man doch in den Großstädten auch sehr viel positives auf den Weg gebracht. Es hat ein bisschen was von der Verkehrspolitik in Nordamerika, denn im Truckerland USA hat die Eisenbahn einen Anteil am Güterverkehr, von dem wir in Deutschland nur träumen. In den Großstädten fährt kaum einer mit dem Auto, weil die öffentlichen Verkehrsmittel so gut ausgebaut sind.

Mit dem Auto durch New York City, Chicago oder Boston? Da nimmt jeder die Subway und entsprechend hat man sich auch in Westdeutschland aufgestellt. Und seien wir ehrlich: Selbst der leidenschaftlichste Autofahrer verliert in Hamburg, Köln, Berlin oder München den Spaß und parkt lieber am Stadtrand, um dann über die Schiene reinzufahren. Aber hier reichen die Anlagen der Vergangenheit nicht mehr, es braucht mehr – auch mehr große Lösungen. Bauprojekte nach dem Motto „schnell und billig“ mögen zwar kurzfristig kleine Vorteile und betriebliche Verbesserungen erzielen, aber wer ernsthaft Verkehr auf die Schiene verlagern will, der muss diese ausbauen und zwar erheblich.

Hierfür müssen Bund und Länder die entsprechenden Mittel bereitstellen, denn das können die Kommunen nicht alleine. Es braucht auch anschließend genügend Geld zur Betriebsfinanzierung. Wer also eine im Stundentakt verkehrende Regionalbahn zur S-Bahn aufwerten möchte, die dann alle zehn oder zwanzig Minuten fährt, der muss auch sicherstellen, dass er 1. das Geld hat, diese Vervielfachung der Betriebsleistungen zu bestellen und 2. dafür sorgen, dass es ausreichend unternehmerische Kapazitäten gibt, um die Aufträge durchzuführen. Hier ist also die Infrastruktur im wahrsten Sinne des Wortes zwar die Grundlage, eine notwendige Voraussetzung, aber darauf muss man im weiteren Verlauf aufbauen.

Gerade die Großstädte wachsen ja massiv, die umliegenden Mittelzentren rücken immer näher und der klassische Speckgürtel zieht immer mehr Pendler an. Schon heute gibt es im Umland von Großstädten die klassischen Schlafstädte – also Städte, in denen Menschen leben, die in der benachbarten Millionenstadt arbeiten. Gute Autobahn-, aber auch gute Eisenbahnverbindungen kennzeichnen solche Orte. Damit man Pendler auf die Schiene kriegt, muss man sie attraktiv machen und den öffentlichen Verkehr stärken.

Siehe auch: Hochbahn: Fünf Großprojekte 2024
Foto: Hamburger Hochbahn AG

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