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Verbände fordern Fondsfinanzierung

29.09.22 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Verbände Allrail, der Bundesverband Schienennahverkehr (BSN), Mofair, Der Güterbahnverband NEE, Pro Bahn, die Verbraucherzentrale Bundesverband, der VCD, und der Verband der Güterwagenhalter in Deutschland (VPI) sowie die Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL) werben dafür, nach einem Grundsatzbeschluss des DB-Aufsichtsrats für einen Verkauf bzw. einen Börsengang der Logistiktochter DB Schenker AG den Verkaufserlös von bis zu zwanzig Milliarden Euro vollständig für den Einstieg in eine fondsgebundene Finanzierung der Schieneninfrastruktur nach dem Vorbild der Schweiz zu nutzen.

Die Kompensation bereits vorgesehener Bundesmittel oder eine Teilentschuldung des DB-Konzerns lehnen die Verbände dagegen ab. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) fehlt bei den Unterzeichnern des Aufrufs allerdings ebenso wie die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Über die Gründe kann nur spekuliert werden.

BSN-Präsident Thomas Prechtl: „Seit Jahren ist das Schienennetz unterfinanziert; dies hat zu einem enormen Investitionsstau geführt. Es hat sich leider gezeigt, dass eine Finanzierung, die von jährlichen Haushaltsentscheidungen abhängig ist, zu einem Verfall lebenswichtiger Infrastruktur führt. Wir brauchen jetzt dringend einen langfristig ausgelegten Fonds zur nachhaltigen und auskömmlichen Finanzierung von Modernisierungsmaßnahmen und Kapazitätsausweitungen, um spürbare Verbesserungen bei der Zuverlässigkeit des Systems Schiene zu erzielen.“

Mofair-Präsident Tobias Heinemann: „Noch wissen wir nicht, wie viel ein Schenker-Verkauf der bundeseigenen Deutsche Bahn AG einbringen wird. Wir wissen aber sicher, dass eine Schuldentilgung allein nur den Reformdruck auf den Konzern reduziert. Viel wichtiger wäre es, die gemeinwohlorientierte Infrastrukturgesellschaft, die zum Januar 2024 kommen soll, mit einer dauerhaften Finanzierungsquelle auszustatten, die sie unabhängiger macht vom Auf und Ab der jährlichen Haushaltsmittel. Ein Schieneninfrastrukturfonds nach Schweizer Vorbild wäre das richtige Werkzeug.“

Ludolf Kerkeling, Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Güterbahnen (NEE): „Das deutsche Schienennetz muss mit Schotter und Chips ins 21. Jahrhundert geholt werden. Die vor allem in Hartmut Mehdorns DB-Zeit zugunsten internationaler Zukäufe unterlassenen Modernisierungen – von der Fahrplan- und Betriebs-IT über digitale Stellwerke und Sicherungstechniken bis zu Überholgleisen mit europäischer 740-Meter-Normlänge – müssen jetzt nachgeholt werden. Bereits seit Jahren bestand die Forderung an die Deutsche Bahn AG, sich nach der Abkehr von den Börsenplänen auf das Kerngeschäft „Eisenbahn in Deutschland“ zu konzentrieren.“

Lukas Iffländer, stellvertretender Bundesvorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn: „Das Bahnsystem benötigt dringend eine Generalsanierung. Dies zeigen das Unglück von Burgrain, das fünf Fahrgäste das Leben kostete, und die Pünktlichkeitsstatistik, die wir alle täglich am eigenen Leib erfahren. Dabei muss das System nicht nur endlich in die Lage versetzt werden, den Status quo zu bewältigen, sondern für die Zukunft aufgestellt werden. Die geplante gemeinnützige Infrastrukturgesellschaft benötigt eine solide finanzielle Basis. Der Erlös aus dem Verkauf eines Logistikers, der mehrheitlich mit Pressemeldungen zur Eröffnung von Logistikzentren ohne Gleisanschluss von sich reden macht, bietet die Gelegenheit diese zu schaffen.“

Ein Grundsatzbeschluss des DB-Aufsichtsrats, die Schenker AG verkaufen zu wollen, bietet die Chance, die unterlassene Modernisierung der Schieneninfrastruktur wenigstens teilweise neben den regulären Budgets des Bundes nachzuarbeiten. Mittelfristig könnte der bereits seit längerem von Bahnverbänden vorgeschlagene Infrastrukturfonds auch weitere Aufgaben übernehmen.

Claus Weselsky, Bundesvorsitzender der GDL: „Wir begrüßen die längst überfällige Entscheidung, denn nur so kann die Deutsche Bahn sich auf die wirklich wichtigen Eisenbahnthemen in unserem Land konzentrieren. Ein Weiter-So darf es nicht geben, denn die immer größer werdenden Probleme bei der Infrastruktur sind das Ergebnis der bisherigen Bahnstrategie. Die Zusammenführung und Neuausrichtung der Infrastrukturgesellschaft ist der zwingend erforderliche Reformschritt für eine erfolgreiche Revitalisierung der Schieneninfrastruktur. Der erzielte Erlös ist als Grundstock in einen Schieneninfrastrukturfonds einzubringen, um hier langfristige Investitionssicherheit für alle Akteure zu gewährleisten.

Siehe auch: Starke Schiene statt starker DB AG

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