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Staatseisenbahn und Deutschlandtakt in der Realität

26.09.22 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Neben den kurzfristigen Lösungskonzepten für die akute Eisenbahnkrise muss man sich langfristig überlegen, wie die Eisenbahn wieder gestärkt werden kann. Die Schiene soll als zuverlässiger, attraktiver Verkehrsträger wahrgenommen werden. Da muss man zunächst einmal differenzieren: Der Verkehrsträger Schiene ist das eine, das Unternehmen DB AG das andere.

So muss ein erstarkter Schienengüterverkehr nicht zwingend über den Einzelakteur DB Cargo laufen, auch wenn ein insgesamt wachsendes Marktvolumen sehr wahrscheinlich auch diesem einen, aus der alten Bundesbahn hervorgegangenen Unternehmen nutzen wird. Dabei hat man im Güterverkehr längst funktionierende Wettbewerbsstrukturen und DB Cargo ist einer von vielen Marktakteuren.

Auch im Regionalverkehr haben wir wettbewerbliche Strukturen und dort, wo man ernsthaft zurück zur Staatseisenbahn geht, etwa in Baden-Württemberg, da läuft das gerade eben nicht über die DB AG, sondern über landeseigene Unternehmen. Nicht nur dass die SWEG die Verkehrsleistungen von Abellio übernommen hat, auch dass der Ausbau der Stuttgarter S-Bahn jetzt durch die Stuttgarter Straßenbahn AG erfolgt und nicht über das Bundesunternehmen DB Netz zeigt, dass auch eine Reverstaatlichung nichts ist, an dessen Ende die Bundes-Bahn AG profitiert, sondern andere Unternehmen, die sich wirklich staatlich steuern lassen und sei es durch das Land Baden-Württemberg.

Natürlich gibt es im SPNV immer mal wieder Probleme und noch immer Aufgabenträger, die sich eher für eine Art Subventionsbewilligungsstelle statt für eine Vergabe- und Kontrollinstanz halten, aber das ist jeweils vor Ort gesondert zu betrachten. Anders sieht es jedoch im Bereich des SPFV aus. Wir sprechen von einem Deutschlandtakt und einer Verdoppelung der Fahrgastzahlen innerhalb von acht Jahren.

Deutschlandtakt ist etwas, das muss man von zwei Seiten sehen: Zum einen gehört dazu auch, dass die Kommunen endlich ihre Busnetze anständig mit dem Schienenverkehr vertakten. Ob man das sinnvoll flächendeckend hinkriegen kann, wenn das Verkehrsministerium ein Vetorecht einer unmotivierten Kommunalbehörde gegenüber hat, sei dahingestellt.

Deutschlandtakt heißt aber auch, dass die Bundesrepublik flächendeckend an den SPFV angeschlossen sein muss – und zwar dauerhaft und im verlässlichen Taktverkehr. Ob die DB AG das alles eigenwirtschaftlich macht? Seit nunmehr zehn Jahren erleben wir zunächst zaghafte und immer deutlichere Versuche, Regionalisierungsgelder anzuzapfen, um den SPFV zu finanzieren. Viele Aufgabenträger lassen sich auf solche Deals ein, andere scheiterten nur, weil Dritte sich juristisch gewehrt haben.

Hier also müsste man reagieren und sich nicht auf den Gutsherrn DB AG verlassen, sondern eine bundesweite Aufgabenträgerschaft einführen. Die Leistungen werden ausgeschrieben und nicht mehr der Privatakteur DB AG entscheidet, wann gefahren wird und wann nicht. Hier gilt es, die Eisenbahnreform in ihrer inneren Logik fortzuschreiben – für die starke Schiene.

Siehe auch: DB AG: Rekordinvestitionen in Rollmaterial
Foto: Deutsche Bahn AG / Oliver Lang

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