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Verfügbarkeit macht Umsteiger

04.02.21 (Baden-Württemberg, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Sechs Wochen vor einer Landtagswahl kann eine Landesregierung sicher nur noch bedingt die Zukunft gestalten, sondern man muss abwarten, wie die Mehrheitsverhältnisse im neu gewählten Landtag aussehen werden. Aktuelle Sonntagsfragen gehen davon aus, dass CDU und Grüne ihre Koalition werden fortsetzen können, allerdings ist offen, welche der beiden Parteien am Ende die stärke Fraktion bilden und somit den Ministerpräsidenten stellen wird.

Andere Koalitionen, etwa grün-rot oder schwarz-gelb, scheinen ebenso unwahrscheinlich wie eine (ehemals) große Koalition aus CDU und SPD. Man kann also durchaus davon ausgehen, dass Verkehrsminister Winfried Hermann von einer dritten Amtszeit steht und man weiter eine ÖPNV-affine Politik machen kann.

Doch was genau ist das eigentlich? Die Ideen, dass man mit engem Taktverkehr der ständigen Verfügbarkeit des (eigenen) Autos etwas entgegensetzen muss, ist sicherlich nicht von der aktuellen Zukunftskommission in Baden-Württemberg erfunden worden, sondern sehr viel älter. Es ist dennoch richtig, dass man gerade in der Tagesrandlage den Taktverkehr aufrecht halten muss.

Wenn man in einer schwäbischen Mittelstadt einen um 18 Uhr startenden Nachtfahrplan hat, der um 22 Uhr Betriebsschluss hat, dann kann man sicherlich nicht von einem integrierten Taktfahrplan sprechen. So ist es schon richtig, wenn man in Städten wie Baden-Baden, Tübingen, Konstanz oder Aalen einen verlässlichen Halbstundentakt bis weit in die Nacht hinein fordert – ansonsten werden Busse und Bahnen nicht als ernsthafte Alternative wahrgenommen.

Denn die Leute wollen eben nicht um 8:30 zur Arbeit und um 17:30 wieder zurück, sondern Mobilität hat viele Facetten und entsprechend muss man sich aufstellen. Die Erkenntnis, dass man ein qualitativ und quantitativ verbessertes Angebot braucht, um mehr Leute vom Auto auf Busse und Bahnen zu locken, ist dabei völlig richtig.

Manch einer ist noch immer in der veralteten Denkweise verhaftet, wonach man Autofahrern das Leben nur schwer genug machen müsse, dann kommen die alle auf die öffentlichen Verkehrsmittel: Horrende Parkgebühren, vielleicht sogar die Schließung von Parkplätzen in den Innenstädten, womöglich eine Citymaut und was man nicht hin und wieder für Phantasien von notorischen Auto-Gegnern hört.

Das sind dann aber die gleichen Leute, die sich eine Woche später überhaupt nicht erklären können, wieso die Innenstädte auch jenseits der Covid19-Maßnahmen veröden, weil die Leute verstärkt im Internet bestellen. Wenn man also einen starken ÖPNV möchte, dann muss man diesen verbessern und den kommunalen Aufgabenträgern das Rüstzeug an die Hand geben.

Diese sind dann allerdings auch selbst in der Verantwortung, vor Ort gute Lösungen zu erarbeiten. Auch das heißt Regionalisierung: Es sind die regional zuständigen Stellen verantwortlich. Man kann nicht jedesmal, wenn ein kommunales Planungsamt schlecht arbeitet, die Landesregierung zur Hilfe holen. Soweit muss man dann auch auf die niedrigeren Ebenen vertrauen.

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