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Die S-Bahn als Marke jenseits des EVU

17.09.20 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Es ist noch gar nicht so lange her, da wurden verbale Schlachten geführt, die jede Sachlichkeit vermissen ließen, aber umso aggressiver gegen jede Form von Rollmaterial-Finanzierung durch die Aufgabenträger polemisiert haben. Herstellerwartung, womöglich Züge, auf denen das Logo des Aufgabenträgers und nur noch klein der Name des Eisenbahnverkehrsunternehmens steht, all das wollte niemand haben.

Die übliche breite Front von DB Regio über den VDV und die EVG haben geschrien und Stimmung gemacht, man hat Politikern Gruselgeschichten erzählt und DB Regio hat offen mit einem Marktaustritt aus großen Teilen des SPNV-Segments gedroht. Was man im Elektronetz Mittelsachsen als Testballon damals noch durchgezogen hat – und nicht die erwünschten Reaktionen aus Politik und Gewerkschaften gekriegt hat – hat man dann in Nordrhein-Westfalen in letzter Minute doch nicht gemacht.

Nachdem man über Monate immer wieder angekündigt hat, sich nicht auf die Betriebsaufträge für den Rhein-Ruhr-Express zu bewerben, ist man jetzt bei der S-Bahn Rhein-Neckar ganz selbstverständlich dabei. Natürlich fährt DB Regio auch mit Zügen, die der Aufgabenträger nicht nur anschafft, sondern auch mit solchen, die er nach eigenem Dafürhalten lackiert. Die S-Bahn Rhein-Neckar ist eben eine Marke als solche und für sich und da spielt es zunächst einmal keine Rolle, ob dort DB Regio, Abellio, Transdev oder Netinera fahren.

Unter Mehdorn hat man in Niedersachsen noch stolz auf die Ausschreibungsteilnahme verzichtet, weil die Züge von DB Regio verkehrsrot sind und nicht blau-gelb, wie in den LNVG-Farben üblich. Das war damals der Markteinstieg des Metronoms, der im Nordwesten der Republik eine durchaus bekannte Marke geworden ist. Trotzdem nehmen viele Leute die Metronom-Züge im Elektronetz Niedersachsen Nordost nur als ENNO wahr und gerade nicht als Metronom, obwohl deren Name sogar klein draufsteht.

Und so rückt das Eisenbahnverkehrsunternehmen bei manchen Netzen in den Hintergrund – wenn auch nicht überall, aber es ist für die Fahrgäste tatsächlich uninteressant, welches Unternehmen den Zug fährt, sondern hier will man gute Qualität haben. Qualitätsverbesserungen sind mit der Eisenbahnreform und der Regionalisierung im großen Stil einhergegangen und das ist für den Fahrgast relevant.

Natürlich wollen die einzelnen aktiven Eisenbahnverkehrsunternehmen nach wie vor als eigene Marke wahrgenommen werden. Es wird auch immer Netze geben, in denen die Betreiber ihre Züge entweder mitbringen müssen oder aber nach eigenen Vorstellungen lackieren lassen können. Es gibt nur eins nicht mehr: Die alte Bundesbahn, die machen kann was sie will und die auch Jahre nach der Eisenbahnreform noch der natürliche oder gar geborene Betreiber enger S-Bahnnetze ist. DB Regio ist ein Betreiber von vielen, ein erfolgreicher aber eben nur einer von vielen. Momentan kann man seinen Marktanteil wieder ausbauen, aber auch das macht den eingeschwungenen Markt aus: Dass auch mal ein Betreiber ein Netz zurückgewinnt oder verteidigt.

Siehe auch: Siemens Mireo starten im Südwesten

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