Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Bundesregierung will DB AG stärken

26.09.19 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Am vergangenen Freitag hat das Klimakabinett der Bundesregierung eine deutliche Stärkung der DB AG angekündigt. Als Sofortmaßnahme zahlt der Bund für die Jahre 2020 bis 2030 eine jährliche Kapitalerhöhung von einer Milliarde Euro im Jahr – das macht insgesamt elf Milliarden Euro, die für Investitionen aufgewandt werden sollen.

Ronald Pofalla, DB-Infrastrukturvorstand: „An erster Stelle steht das Bekenntnis der Politik, die Schieneninfrastruktur massiv zu stärken! Das ist deshalb besonders wichtig, da das Bahnnetz das Rückgrat der Mobilitätswende ist. Oder anders gesagt: Ohne massive Investitionen in die Schiene droht die Mobilitätswende zu scheitern.“

Der Mehrwertsteuersatz für Fernverkehrstickets sinkt von 19 auf sieben Prozent. Bahnfahren wird damit im Fernverkehr um 10 Prozent günstiger. Super-Sparpreise werden beispielsweise künftig ab 17,90 Euro (derzeit: 19,90 Euro) zu haben sein. Mit BahnCard-Rabatt sind es sogar nur 13,40 Euro. Das ist der niedrigste reguläre Einstiegspreis seit der Bahnreform im Jahre 1994.

Der Bund erhöht zudem seine Mittel für den ÖPNV deutlich. Über die bereits im Koalitionsvertrag verankerte Erhöhung der GVFG-Bundesmittel auf eine Milliarde Euro jährlich ab 2021 beabsichtigt die Bundesregierung, die Mittel ab 2025 auf zwei Milliarden Euro pro Jahr zu erhöhen. Ein großer Teil dieser Mittel kommt dem Ausbau der Nahverkehrssysteme und der entsprechenden Schieneninfrastruktur in den Metropolregionen zugute.

Zuletzt haben sich die Spitzen der Bundesregierung darauf verständigt, den Güterverkehr auf der Schiene zu stärken und somit diese Transporte schneller und attraktiver zu machen. Das betrifft sowohl den kombinierten Verkehr, der in einer stärker vernetzten und integrierten Transportwelt eine immer größere Bedeutung bekommt, als auch den Einzelwagenverkehr, der für die Flächenversorgung der deutschen Industrie nach wie vor eine wichtige Rolle spielt.

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) sieht die Entscheidungen vom letzten Freitag rundweg positiv: „Allerdings darf es hier nicht bei Absichtsbekundungen bleiben. Auch die Entlastungen beim Strompreis für Schienenverkehre sowie die verstärkte Förderung moderner Busflotten und des Einzelwagenverkehrs als Alternative zum LKW begrüßen wir. Auf der anderen Seite gibt es im vorliegenden Papier Vorschläge, die aus unserer Sicht nicht erfolgversprechend sind, wie z. B. weitere Modellprojekte zu 365-Euro-Tickets. Insgesamt ist es wichtig, dass alle Maßnahmen in der weiteren Ausarbeitung und Umsetzung detailliert und regelmäßig auf ihre tatsächliche Wirkung in Sachen CO2-Minderung geprüft werden“, so Verbandspräsident Ingo Wortmann.

Ganz anders sieht das der Wettbewerberverband Mofair. Grundsätzlich begrüßt man das Ziel, die Schiene zu stärken, nicht jedoch die Mittel. „Dem integrierten Konzern DB AG jährlich eine Milliarde Euro per Kapitalerhöhung zukommen zu lassen, birgt die Gefahr massiver Wettbewerbsverzerrungen. Es kann nicht sichergestellt werden, dass diese Mittel ausschließlich der Infrastruktur zukommen. Die Deutsche Bahn hat bereits mitgeteilt, dass sie davon auch neue Züge anschaffen will“, so Verbandspräsident Christian Schreyer von Transdev.

Schreyer: „Wie soll denn ein neuer Wettbewerber wie z. B. FlixMobility, der seine Züge selbst finanzieren muss, gegen die DB Fernverkehr bestehen, wenn diese ihre neuen ICE vom Bund geschenkt bekommt?“ Dabei sieht er eine Alternative, das geplante Geld deutlich besser zugunsten des Verkehrsträgers Schiene einzusetzen.

Schreyer: „Um die Schieneninfrastruktur zu stärken, bedarf es keiner Kapitalerhöhung. Der Bund kann notwendige Infrastrukturmaßnahmen direkt finanzieren, wie er es etwa über die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung tut. Die Regierungskoalition muss endlich verstehen, dass das System Schiene mehr als die DB AG ist.“

Wenn der Bund dem „System Bahn“ darüber hinaus weitere Milliardenmittel zukommen lassen möchte, gibt es dafür viele mögliche Ansätze, die ohne Wettbewerbsverzerrungen umgesetzt werden können, beispielsweise ein klares Bekenntnis zur Vollfinanzierung von ETCS, auch von Bordgeräten als „rollender Infrastruktur“, eine Aufstockung der Regionalisierungsmittel, damit die Länder bzw. Aufgabenträger dauerhaft Mehrleistungen im Regionalverkehr ausschreiben und bestellen können oder eine wettbewerbsneutrale Finanzierung von neuen Fernverkehrszügen, um den Deutschlandtakt voranzutreiben.

Siehe auch: Die fehlende Lobbyarbeit jenseits der DB AG

Kommentare sind geschlossen.