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Die neue Schiene im Ländle

11.06.19 (Baden-Württemberg, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Jetzt die der marktwirtschaftliche Alltag auch im Ländle angekommen. Dort, wo man „die Bundesbahn“ deutlich länger gewohnt war als in anderen Teilen der Republik. Es ist müßig darüber zu diskutieren, ob alte Direktvergaben zwischen der Landesregierung in den Nullerjahren eine verdeckte Landesfinanzierung für Stuttgart 21 war oder nicht. Tatsache ist, dass das neue Eisenbahnzeitalter jetzt auch zwischen Odenwald und Bodensee beginnt.

Das hat den Vorteil, dass die Schlachten der Vergangenheit dort nicht mehr geschlagen werden müssen. Es ist – zurecht – selbstverständlich, dass die Verkehrsunternehmen ihre Mitarbeiterfahrscheine gegenseitig anerkennen. Auch dass man in Sachen Personal zusammenarbeitet, wäre vor ein paar Jahren noch undenkbar gewesen. Aber hier darf es keinen Automatismus geben, dass jemand bei einem Betreiberwechsel auch die Firma wechselt.

Ein Arbeitsvertrag unterscheidet sich hierin von einem Werkvertrag: Der Arbeitgeber muss zusehen, dass er genügend Aufträge findet, um seine Leute zu beschäftigen. Es ist aber trotzdem richtig, dass man sich das Personal nicht gegenseitig abwirbt und dass ein neuer Betreiber, wenn er denn Personalbedarf hat, verstärkt Menschen einstellt, die auf der entsprechenden Strecke schon unterwegs sind.

Man sollte nämlich nicht vergessen, dass die Eisenbahnbranche im Wettbewerb um gute Mitarbeiter in einem Team spielen muss. Die Leute können bei DB Regio, Abellio oder Go-Ahead arbeiten, sie können aber auch zu Siemens, Bosch oder Daimler-Benz gehen. Man sollte auch nicht vergessen, dass die Lebenshaltungskosten in Baden-Württemberg, wegen des höheren Gesamtwohlstandes, teurer sind als in anderen Teilen der Republik.

Man kommt in Duisburg oder gar in Bitterfeld mit einer bestimmten Summe Geld deutlich weiter als in Konstanz oder Stuttgart. Manch einer wird sich deshalb womöglich gegen Baden-Württemberg und für ein anderes Bundesland entscheiden. Aber in einer Marktwirtschaft stehen auch die Bundesländer zueinander in Konkurrenz. Wahrscheinlich muss man im Ländle statt eines Bundes- einen Landestarifvertrag machen.

Einerseits, weil es dann für viele Eisenbahner attraktiver wird, nach Baden-Württemberg zu kommen, andererseits weil man dann der industriellen Konkurrenz gegenüber deutlich bessere Karte hat, wenn es um gute Bewerber für die Arbeit geht. Die Schienenbranche stellt sich gerade neu auf und so wie man in Nordrhein-Westfalen eine, wie ich finde, sehr vorbildliche Zusammenarbeit gestartet hat, braucht man das auch in Baden-Württemberg.

Und die dort tätigen Unternehmen werden das über kurz oder lang auch merken, zumal mit DB Regio und Abellio ja gleich zwei Unternehmen im Ländle fahren, die auch in Nordrhein-Westfalen aktiv sind. Die Einführung marktwirtschaftlicher Strukturen bringt ganz natürlich Veränderungen mit sich. Das ist aber in einer sich wandelnden Welt ebenso. In der Gesamtheit der Bewertung hat sich nämlich gezeigt, dass der Wettbewerb ein großes Erfolgsmodell ist.

Siehe auch: Stuttgarter Netze gestartet

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