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Hier läuft was schief!

17.08.17 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Deutschland als Wirtschaftsstandort lebt weder von hohen Ressourcen an Bodenschätzen noch von billigen Arbeitskräften. In Deutschland leben gut ausgebildete Menschen, die Ahnung und Sachverstand haben. Was dort produziert und im Inland verkauft bzw. exportiert wird, das ist besser als die Konkurrenz, nicht billiger.

Deutsche Facharbeiter sind die besten und müssen es auch sein, denn einen Lohnwettbewerb selbst mit Osteuropa kann Deutschland nicht gewinnen. Doch neben der Ressource Mensch gehört hier auch ein weiterer wichtiger Punkt zu: Es braucht gewisse Sicherheiten und Planbarkeiten. Das sind die Standortfaktoren, die man nicht auf Heller und Pfennig ausrechnen kann, die aber dennoch vorhanden sind.

Kann ich als Unternehmer eine Forderung gegen einen säumigen Kunden im Zweifel einklagen, weil ich mich darauf verlassen kann, dass es eine funktionierende Justiz gibt? Ist die Polizei in der Lage, Einbrüche und Vandalismus auf meinem Firmengelände zu unterbinden? Hat das Land eine ausreichende politische Stabilität, dass ich nicht unkalkulierbare Gesetzesänderungen zu Lasten meines Geschäftsmodells zu befürchten habe?

Das sind Punkte, über deren Antwort sich nun jeder Leser selbst Gedanken machen soll, aber die vierte Frage betrifft das Eisenbahnwesen in besonderem Maße: Hat das Land eine funktionierende und verlässliche Verkehrs- und Versorgungsinfrastruktur? Sind oft stundenlange Stromausfälle die Regel? Sind die Wasserwerke in der Lage, dafür zu sorgen, dass auch bei hohem Trinkwasserbedarf ausreichend Druck auf dem Kessel ist?

Und kann ich mich darauf verlassen, dass meine Waren über Straße, Schiene oder Schiffe ab- und antransportiert werden können? Genau hier ist der springende Punkt. Eine der wichtigsten Achsen im Nord-Süd-Verkehr muss ohne Vorwarnung gesperrt werden – und Umleitungsstrecken sind gerade leider auch nicht vorhanden. Deutschland hat ein Infrastrukturproblem, auf der Schiene, wie auch auf der Straße.

Ob es nun Autobahnbrücken in Nordrhein-Westfalen sind, ob es jahrelang die Müngstener Brücke ebenfalls dort war oder jetzt die Rheintalbahn: Die Infrastruktur in einem Hochlohn- und Hochleistungsland muss funktionieren. Das ist im Moment nicht der Fall. Es fängt damit an, dass der übliche Investitionsstau in der kommunalen Infrastruktur nicht abgebaut wird, es geht über desolate Ingenieurbauwerke bei Landes- und Bundesinfrastruktur und endet bei negativen Leuchttürmen wie jetzt hier.

Dabei ist der Bundesfinanzminister – und der ist seit acht Jahren im Amt und strebt an, es nach den Wahlen zu behalten – stolz auf die schwarze Null im Bundeshaushalt. Aber was ist ein ausgeglichener Haushalt wert, wenn dabei die Infrastruktur verfällt? Haushaltsdisziplin und die notwendigen Investitionen sind zwei Seiten einer Medaille.

Es sieht ganz danach aus, als seien viele dieser ausgeglichenen Haushalte in den letzten Jahren, und das ohne konkreten Bezug zur Rheintalbahn, erkauft worden, indem man Investitionen unterlässt. Die Steuereinnahmen sprudeln, aber der Staat ist außerstande, seine Infrastruktur zu erhalten. Hier läuft was schief!

Siehe auch: Rheintalbahn musste gesperrt werden

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