Die Welt zu Gast auf der Innotrans
22.09.16 (Berlin, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Die Innotrans hat den Anspruch, Weltleitmesse für alles zu sein, was irgendwie im weitesten Sinne mit Eisenbahnverkehr zu tun hat. Mein erster Eindruck war am Montag bei der Anreise über den Bahnhof Zoo ein kaputter Aufzug und eine junge Mutter mit Zwillingskinderwagen. Die arme Frau stand also mit ihren zwei Babys vor der Treppe, gerne habe ich ihr dabei geholfen, den Wagen runter zu tragen. Mit Barrierefreiheit hat das alles nichts zu tun.
Nun galt meine Eintrittskarte am Montag noch nicht als VBB-Ticket, so dass ich mir ein normales Tagesticket am Automaten gezogen habe. Anders als die Barfahrscheine zu Hause im Ruhrgebiet musste ich meine Karte für den Montag abstempeln. Dass man sich hier nicht deutschlandweit auf Standards einigen kann, ist zwar traurig, aber letztlich kennt man es ja schon gar nicht mehr anders: Der eine Verbund hat Ringe, der nächste Waben, in manchen Zügen kleben große Schilder „erst einsteigen, dann bezahlen“, am gleichen Bahnsteig gegenüber ist man, wenn man das macht, schon Schwarzfahrer. Die zum Teil chaotischen Verhältnisse in Vertriebsfragen gehören inzwischen wohl dazu.
Womit ich mich aber nicht abfinden mag ist, wenn ich über den Bahnhof Messe-Nord / ICC zur Innotrans fahre und dieser aussieht und auch riecht wie ein Schweinestall. Kann man denn nicht – wenn man weiß, dass die Eisenbahnbranche der Welt zu Gast bei Freunden ist – mal ein klein bisschen für Ordnung sorgen? Vandalismusschäden entfernen, sich vielleicht auch einen Eimer Farbe nehmen und das gröbste wegmachen? Von der eingeschlagenen Glasscheibe am Aufzug am Bahnhof Westkreuz will ich gar nicht anfangen.
Und dann ist da die Fußgängerunterführung, über die Messebesucher das Ausstellungsgelände erreichen, wenn sie nicht mit dem Dienstwagen bis vor die Tür gefahren werden. Eine Rolltreppe ist kaputt, verschiedene Informationstafeln sind entweder demoliert oder so beschmiert, dass man sie nicht lesen kann. Außerdem riecht es wie in einer öffentlichen Toilette, die zwar seit vier Wochen verstopft ist, aber immer noch genutzt wird. Ist das Verwahrlosung? Desinteresse? Oder einfach nur ein Zeichen des allgemeinen Verfalls der Bundeshauptstadt? In jedem Fall leidet die deutsche Eisenbahnbranche unter den kommunal- und landespolitischen Problemen Berlins.
Man stelle sich mal vor, jemand von der Los Angeles Transportation Authority will die dortige Metro mit neuen Rolltreppen ausstatten und informiert sich jetzt auf der Innotrans darüber. Was denkt so ein US-Amerikanischer Entscheider, wenn er sieht, dass auf dem Weg zum Messegelände die Rolltreppe offensichtlich außer Betrieb ist? Wie stellt Deutschland sich hier der Welt vor? Was hinterlässt alles rund um die Innotrans für einen Eindruck?
Ich nehme es vorweg, wenn auch persönlich: Einen schlechten! Ja, vor so einer Veranstaltung kann man sich sehr wohl auf Hochglanz bringen. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob das Bezirksamt, die BVG AöR, DB Station und Service, die Messe Berlin oder wer auch immer zuständig ist. Das Bild, das man seinen Gästen hier zeigt, ist erbärmlich und desolat.
Siehe auch: Innotrans ist in Berlin gestartet