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London: Aktionstag gegen sexuelle Übergriffe

08.08.16 (Großbritannien & Irland) Autor:Max Yang

In der britischen Hauptstadt fand am Donnerstag ein Aktionstag gegen sexuelle Übergriffe statt, der Teil der seit 2014 laufenden Kampagne „Report It to Stop It“ des Aufgabenträgers Transport for London sowie dem Metropolitan Police Service (MPS) und der Britischen Transportpolizei (BTP) ist. Hierdurch soll die Anzeigebereitschaft in der Bevölkerung gesteigert werden. Polizeibeamte haben im Verkehrsnetz Londons Präsenz gezeigt, Broschüren verteilt und der interessierten Öffentlichkeit Auskünfte darüber erteilt, wie sexuelle Übergriffe zur Anzeige gebracht werden können.

Die Anzahl angezeigter Sexualstraftaten im Netz von Transport for London stieg im Geschäftsjahr 2015/16 um 31 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 1.716 angezeigte sexuelle Übergriffe führten zu mehr als 500 Festnahmen. Insgesamt wurden 2015/16 bei vier Milliarden Fahrgastfahrten 29.603 Straftaten mit Bezug zum Verkehrsnetz erfasst. Die Anzahl der Anzeigen ist im Vergleich zum Vorjahr um 6,6 Prozent gestiegen. Dennoch kann von einem allgemein niedrigen Kriminalitätsniveau ausgegangen werden, da über die letzten fünf Jahre ein Rückgang von 21 Prozent registriert wurde.

Martin Fry, leitender Polizeidirektor der BTP, erklärte, dass die Sicherheit von Fahrgästen und Betriebspersonal die höchste Priorität habe. „Durch das Project Guardian und später das 2014 gestartete Report It To Stop It ermutigen wir jeden, der das Verkehrsnetz nutzt, dazu, Vorfälle mit unerwünschtem sexuellen Verhalten zur Anzeige zu bringen. Bei dieser laufenden Kampagne haben wir eine erhöhte Anzahl zur Anzeige gebrachter Sexualstraftaten erwartet. Wir wissen, dass Straftaten nicht angezeigt werden, und haben in den letzten zwei Jahren hart daran gearbeitet, Opfern und Zeugen den Mut zu geben, uns auf Probleme hinzuweisen.“

Paul Rickett, leitender Kriminaldirektor der MPS, fügte hinzu: „Falls Sie ein Opfer einer solchen Straftat sind oder jemanden kennen, der betroffen ist, dürfen Sie sicher davon ausgehen, dass Sie ernstgenommen werden. Jeder Behauptung wird konsequent nachgegangen.“ In der London Underground sowie dem Stadtbahnsystem Docklands Light Railway sind rund 700 uniformierte Mitglieder der BTP im Einsatz. Im gesamten Verbundgebiet sind es 3000 Polizisten. Dennoch sind haben bis zu neunzig Prozent der Betroffenen sexuelle Übergriffe nicht zur Anzeige gebracht.

Auf der Website der Kampagne „Report It To Stop It“ wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass kein Vorfall zu trivial sei. Anzeigen können der Polizei helfen, Muster zu erkennen. An Problembereichen mit gehäuften Anzeigen werde die Polizei vermehrt Präsenz zeigen. Im Londoner ÖPNV laufen derzeit auch andere Schwerpunktaktionen, etwa die Mitte letzten Monats begonnene #WeStandTogether-Kampagne im Rahmen der „Operation Safer Travel for All“ gegen Hasskriminalität, an der MPS, BTP und die City of London Police beteiligt sind.

Reisende werden aufgefordert, nicht nur Verbrechen, sondern beispielsweise auch rassistisch motiviertes antisoziales Verhalten im ÖPNV diskret per SMS an die Kurzwahl 61016 oder im Notfall unter der Notrufnummer 999 zur Anzeige zu bringen. #WeStandTogether ergänzt die Kampagne #LondonIsOpen des Bürgermeisters Sadiq Khan (Labour), die gegen Diskriminierung der 1 Million ausländischen Einwohner in der britischen Hauptstadt gerichtet ist, insbesondere da nach dem Brexit-Referendum eine Welle fremdenfeindlicher Vorfälle registriert wurde.

Allgemein kann in Großbritannien eine Entwicklung hin zu höheren Strafmaßen, gerade bei unprovozierten Gewalttaten im ÖPNV, beobachtet werden. Beispielhaft hierfür steht eine am Freitagnachmittag erfolgte Verurteilung eines 17-Jährigen aus dem Londoner Ortsteil Barking durch das Strafgericht (Crown Court) in Basildon zu acht Jahren Freiheitsstrafe. Dem Täter wurde zur Last gelegt, auf dem rund 30 Kilometer östlich vom Londoner Stadtzentrum gelegenen Bahnhof Ockendon im Mai fünf Jugendliche zunächst angepöbelt und dann mit einem ätzenden Reinigungsmittel besprüht zu haben.

Drei der Opfer sind nun dauerhaft vernarbt, einer erlitt darüber hinaus schwere und möglicherweise behindernde Augenverletzungen. Die ermittelnde Kriminalpolizistin, Gail McKemmie, betonte auch die generalpräventive Zielsetzung des Urteils: „Ich hoffe, dass dieses Urteil eine klare Botschaft aussendet: wir werden niemals Gewalt und Aggression im Eisenbahnnetz akzeptieren und werden uns von nichts dabei aufhalten lassen, Gewalttäter zur Rechenschaft zu ziehen.“

Siehe auch: Sicherheit beginnt mit Hinschauen

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