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Die unkalkulierbaren Risiken

07.07.16 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Das jetzt zur Verabschiedung anstehende Eisenbahnregulierungsgesetz wird wahrscheinlich sehr langfristig gelten. Deutlich länger als die aktuelle Einigung über die Regionalisierungsmittel. Diese endet nämlich 2030. Und auch bis dahin ist zwar formal Planungssicherheit vorhanden, aber es ist jederzeit möglich, dass Bund und Länder sich im Rahmen von Sparpaketen oder den üblichen Finanzverhandlungen einigen, die Regionalisierungsmittel zu senken bzw. ihre Zweckbindung aufzuheben, so wie es 2007 passiert ist.

Die Landesregierungen behaupten zwar penetrant, der Bund habe die Gelder einseitig gesenkt, das ist aber falsch. Tatsächlich wurde nur die Zweckbindung aufgehoben. Die meisten Landesfinanzminister freuten sich und dachten gar nicht daran, weiterhin die Schiene zu unterstützen. Was sagt uns das für das Eisenbahnregulierungsgesetz? DB Netz soll die Trassenpreise für den SPNV nur noch so stark anheben dürfen, wie die Regionalisierungsmittel selbst steigen.

Man hat den Bock zum Gärtner gemacht: Nicht der Bund muss die Kosten erstatten, die das Bundesunternehmen DB Netz verursacht (und könnte bei Effizienzsteigerungen sparen), sondern umgekehrt: DB Netz darf höhere Kosten nicht mehr an gemeinwirtschaftliche Regionalzüge weitergeben. Wo holen die sich das Geld dann her? Vom Fern- und Güterverkehr. Sollte es – wie eingangs skizziert – 2030 oder früher zu sinkenden Regionalisierungsmitteln kommen, dann stünde man erst recht vor erheblichen Problemen.

Dann nämlich wäre auch DB Netz gezwungen, die Trassenpreise zu senken. Entsprechend würden Fern- und Güterzüge von jetzt auf gleich stärker belastet. Gerade langfristig gesehen ist das Risiko für andere Verkehrsarten unkalkulierbar. Wer investiert denn noch in Güterzüge, wenn die Schienenmaut, wie die Trassenpreise zur Veranschaulichung oft genannt werden, pure Verhandlungsmasse zwischen Bund und Ländern sind und jederzeit steigen können.

Denn – und da trifft die EVG tatsächlich den Nagel auf den Kopf – die LKW-Maut ist jahrelang per Moratorium künstlich niedrig gehalten und dann sogar gesenkt worden. Natürlich hat das auch Auswirkungen auf den Verkehrsträger Schiene. Nur: Wenn man eine Trassenpreishalbierung will, dann muss man auch sagen, wo das Geld herkommen soll. Vom Bund? Okay, das ist eine legitime Forderung. Nur: Wenn man auf einen viel zu billigen Lastwagenverkehr auf der Straße reagiert, indem man die Schiene mit öffentlicher Kofinanzierung ebenfalls stärker ausstattet, dann sorgt man gerade nicht für die notwendige Kostengerechtigkeit.

Im Gegenteil: Hier droht ein Subventionswettbewerb, an dessen Ende eben gerade keine verringerten Schadstoffausstöße stehen, sondern ein über die Maßen steigendes Verkehrsaufkommen. Es braucht eher eine höhere Straßenmaut als geringere Trassenpreise. Verkehrsraum und -fläche müssen ihrer Nachfrage entsprechend vermarktet werden. Ein unreflektiertes „think global, buy local“ reicht eben manchmal nicht aus. Erst wenn der Transport teurer wird, werden Transportwege unwirtschaftlich. Das muss das Ziel nachhaltiger Politik sein.

Siehe auch: Senkung der Trassenpreise gefordert

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