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Neue Debatte um Klimaanlagen

17.08.15 (Allgemein) Autor:Stefan Hennigfeld

Seit vor fünf Jahren in einem ICE mehrere Jugendliche auf der Heimfahrt von einer Klassenfahrt kollabierten, nachdem die Klimaanlagen ausgefallen waren, und rettungsdienstlich versorgt werden mussten, gibt es jedes Jahr aufs neue Diskussionen um Klimaanlagen in den Zügen, sowohl bei der Deutschen Bahn als auch bei ihren Wettbewerbern auf der Schiene. Nachdem das seit seiner Betriebsaufnahme im Dezember 2014 durch Schlechtleistungen und Zugausfälle bundesweit bekannt gewordene Netinera-Unternehmen Vlexx Anfang Juli mit defekter Klimaanlage unterwegs war, forderte die Saarbrücker Oberbürgermeisterin Charlotte Britz (SPD) etwa in der Bildzeitung, das Thema „Privatbahnen“ solle in Deutschland „neu diskutiert“ werden.

Doch auch bei der Deutschen Bahn war und ist betroffen. Vor einigen Wochen kritisierte VRR-Geschäftsführer Martin Husmann den Ausfall in stark frequentierten RE-Linien. Bei DB Regio verwies man darauf, dass man noch während der laufenden Betriebstage mit mobilen Einsatztrupps Klimaanlagen reparieren konnte. Aktuell gibt es einem Bericht des Hessischen Rundfunks zufolge „reihenweise“ Ausfälle von Klimaanlagen. Diese Darstellung weist man beim Konzern jedoch zurück. „Selbst an den Tagen mit bundesweiten Hitzerekorden im Juli und August waren deutlich mehr als 90 Prozent aller Klimaanlagen der ICE 1-Flotte funktionstüchtig“, erklärt Jürgen Kornmann, Sprecher Personenverkehr der Deutschen Bahn.

„Die Ausfallquote über alle ICE-Baureihen liegt während der Sommermonate Juni bis August konstant unter fünf Prozent. Die Behauptungen des Hessischen Rundfunks über reihenweise Ausfälle sind daher falsch und grob irreführend.“ Nicht nachvollziehbar ist dabei die Frage, wie diese Ausfallquoten gemessen werden. Wenn ein InterCity mit zwölf Waggons eine defekte Klimaanlagen in einem oder zwei davon hat, kann man da sowohl einen „Totalausfall“ als auch einen Zug mit funktionierenden Klimaanlagen hinein interpretieren. Vor diesem Hintergrund sind wohl so gut wie alle Berechnungen mit Vorsicht zu genießen, da die Bahn sehr wahrscheinlich zu ihren eigenen Gunsten und die Publikumspresse zugunsten einer möglichst großen Schlagzeile rechnet.

Dabei hat sich seit 2010 eine Menge getan: Um von vornherein gesundheitliche Beeinträchtigungen der Fahrgäste zu vermeiden, hat die DB entsprechende Vorsichtsmaßnahmen ergriffen, die in den letzten fünf Jahren praktiziert wurden: Bei eventuellen Ausfällen in einzelnen Wagen werden die Fahrgäste in klimatisierte Zugbereiche umgesetzt. Außerdem werden an heißen Tagen die Getränkevorräte in den Zügen erhöht und kostenlos Wasser an betroffene Fahrgäste ausgegeben. 2010 hat das Technische Hilfswerk palettenweise Mineralwasser zum Bahnhof gebracht – um zu verhindern, dass ein Schaffner am Bahnhofskiosk Mineralwasser kaufen, vorfinanzieren und das anschließend kompliziert abrechnen muss. Zumal der Wasserbedarf bei mehreren hundert Reisenden pro Zug ohnehin von einem normalen Kleingeschäft im Bahnhof nicht gedeckt werden kann.

Sollte die Frischluftzufuhr an Bord des Zuges nicht mehr ausreichend gewährleistet sein, wird dieser im nächsten geeigneten Bahnhof gestoppt und die Fahrgäste auf andere Züge verteilt. Steigt die Reisendenzahl zur Verteilung auf andere Züge zu sehr an, stehen an derzeit sieben deutschen Knotenbahnhöfen Reservezüge zum kurzfristigen Einsatz bereit (in Hannover, Berlin, Dortmund, Köln, Frankfurt, Nürnberg und Karlsruhe). Daneben werden zusätzliche DB-Mitarbeiter auf Bahnhöfen zur Reisendenlenkung eingesetzt. Besonders schwierig ist die Sache in der Tat bei InterCity-Zügen. Diese stammen größtenteils aus den 70er und 80er Jahren und wurden seinerzeit noch von der alten Bundesbahn beschafft. Damals war die Technik längst noch nicht auf dem heutigen Stand, weswegen sich die Problemanfälligkeit nicht gänzlich beheben lässt.

In den kommenden Jahren werden diese allerdings durch ICx-Triebzüge oder Doppeldecker-Waggons im InterCity-Design ersetzt. Um die Zeit zu überbrücken hat man 770 Waggons generalüberholt. Dennoch war es nicht möglich, die Anlagen auf das Ertüchtigungsniveau der ICE-Triebzüge zu bringen. Bei dauerhaft hohen Außentemperaturen kann es zum kurzfristigen Ausfall einzelner Klimaanlagen kommen. Allein in den Fernverkehrszügen der Deutschen sind knapp 3.400 Klimaanlagen im Einsatz. Die Ausfallquote an heißen Tagen wird dabei von DB Fernverkehr mit zwei bis drei Prozent angegeben.

Siehe auch: Die Bahn und die Kommunalmonopolisten

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