Die Bahn und die Kommunalmonopolisten
17.08.15 (Allgemein, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Wenn die Klimaanlagen in den Zügen der Deutschen Bahn ausfallen, dann sorgt das immer für eine Schlagzeile. Ja, wie viele Züge waren denn betroffen? Drei oder zehn Prozent? Und muss man schon den ganzen InterCity rechnen, wenn nur in zwei Waggons nichts mehr ging? So kann man mit mathematischen Schiebereien die Werte nach oben und nach unten bringen, wenn man eine Schlagzeile oder eine Relativierung produzieren will. Aber dass die Züge im Eisenbahnverkehr klimatisiert sind, ist (von einzelnen Ausnahmen abgesehen) selbstverständlich.
Und wenn doch mal was passiert? Es ist gar nicht lange her, da kritisierte der Aufgabenträger VRR defekte Klimaanlagen ist stark besetzten RE-Zügen bei DB Regio. Aber auch hier waren Mechatroniker unterwegs, die kaputte Anlagen, so das möglich war, während des laufenden Betriebstages zumindest kurzfristig wieder einsatzfähig gemacht haben. Auch das wäre vor ein paar Jahren undenkbar gewesen. Die Qualität ist also stark gestiegen und der Wettbewerb und damit die Vergleichbarkeit der Betreiber haben dafür gesorgt, dass die Gesamtleistung im Eisenbahnwesen heute besser als vor zehn oder zwanzig Jahren ist.
Leider ist dieser positive Trend im kommunalen ÖPNV nicht mal ansatzweise zu erkennen. Die U-Bahnzüge in der Bundeshauptstadt Berlin waren Anfang Juli teilweise heißer als es bei Schweinetransporten erlaubt wäre. Stört das einen? Nein. Die teilweise groteske Argumentation einiger selbsternannter Fahrgastvertreter, wonach Klimaanlagen in den Zügen die heiße Luft in den Tunneln erwärme oder dass es ja in Berlin gar nicht oft heiß sei, ist da eine lustige Randerscheinung. Tatsache aber ist, dass Qualitätsvorgaben im Stadtbahnbereich, also einem Sektor, der eigentlich die ureigene Stärke des Verkehrsträgers Schiene ist, so gut wie nicht vorhanden sind.
Niemand traut sich, die Schlechtleistungen von Kommunalmonopolisten wie der Berliner Verkehrsbetriebe AöR zu thematisieren oder gar zu kritiseren. Das sind alles heilige Kühe, warum auch immer. Aber nicht nur dort: Der VBB wertet die Aufzugsverfügbarkeit bei DB Station und Service aus und veröffentlicht diese in Qualitätsberichten. In der gleichen Quelle liegen auch die Echtzeitdaten der BVG AöR vor. Diese werden aber in den Qualitätsberichten nicht aufgenommen. Aber eine ernsthafte Verkehrsverlagerung zur Schiene kann nur stattfinden, wenn auch hier verbindliche Qualitätsziele festgeschrieben werden
Die Annahme, dass kommunale Verkehrsunternehmen, nur weil sie im Eigentum der öffentlichen Hand stehen, per se gemeinnützig und altruistisch sind, basiert auf einer irrationalen, unrealistischen und sachlich nicht nachvollziehbaren Naivität, wie man sie sonst nur von Anthroposophen kennt. Gerade im Massenverkehr in den Metropolen hat die Schiene als Verkehrsträger eine ihrer Stärken, die man aber nicht ausspielen kann, wenn es niemanden gibt, der sich bei den Schlechtleistungen der dortigen Betreiber, bei fehlenden Klimaanlagen oder monatelang kaputten Aufzügen für zuständig hält. Das ist wahrscheinlich die wichtigste Baustelle überhaupt, an die sich aber keiner rantraut.
Siehe auch: Neue Debatte um Klimaanlagen