SWB stellt neuen Stadtbahnwagen vor.
27.03.12 (go.Rheinland) Autor:Jürgen Eikelberg
Seit Mitte der 1970er Jahre sind in Bonn – wie auch in vielen anderen Städten an Rhein und Ruhr – die Stadtbahnwagen der Serie B unterwegs. In diesen fast 40 Jahren haben sie zuverlässig Millionen von Fahrgästen befördert. Doch irgendwann sind solche Fahrzeuge nicht mehr zeitgemäß, die Technik ist veraltet und und es wird der Ruf nach etwas neuem laut. Im Zuge der Knappheit der Finanzmittel – das Land unterstützt leider keine Ersatzbeschaffungen – ist man in Bonn, wie schon im benachbarten Köln, kreativ geworden.
Mit dem Projekt „Zweiterstellung“ ist man neue Wege gegangen. Nicht zuletzt deshalb, weil Neufahrzeuge nicht nur erheblich teurer sind, sondern die Grundsubstanz der Stadtbahnwagen aus den 1970er Jahren erstaunlich gut ist. Besser jedenfalls, als es bei heutigen Neufahrzeugen der Fall ist, wie Heinz-Jürgen Reining, Geschäftsführer der Stadtwerke Bonn (SWB) erklärte. Gestern stellten die Stadtwerke Bonn ihren ersten „neuen“ Stadtbahnwagen der Presse vor. Bei der Zweiterstellung wird der Stadtbahnwagen total entkernt. Wiederverwertbare Technik wird nicht entsorgt, sondern weiter verwendet. „Wir werfen nichts weg, was noch brauchbar ist.“.
So zum Beispiel die Gleichstrom-Motoren, die in den vergangenen 38 Jahren zuverlässig gearbeitet haben. Allerdings hat man sie auf den neuesten technischen Stand gebracht und so können sie nun die Energie, die bei einem Bremsvorgang frei wird, in die Oberleitung zurück speisen.
Gleichermaßen werden auch die anderen technischen Komponenten neu aufgebaut, der Führerraum erheblich vergrößert und klimatisiert. Dies trifft leider nicht für den Fahrgastraum zu, obwohl die Stadt Bonn zumindest grundsätzlich klimatisierte Stadtbahnwagen anstrebt. Im konkreten Fall jedoch sei die Statik des Fahrzeuges ein Grund, auf eine Nachrüstung zu verzichten. Zudem würden die Komponenten einer Klimaanlage, die auf dem Dach untergebracht werden müssten, den Schwerpunkt des Fahrzeugs nach oben verlagern.
Beim Umbau in Köln wird diese Klimaanlage nachgerüstet. Hier tauchen einige Unterschiede auf: Die Kölner bauen an ihren B-Wagen jeweils einen Führerstand aus, weil sie ohnehin nur in Doppeltraktion fahren. In Bonn bleiben beide Führerstände, so dass auch Einzel- und Dreifachtraktionen möglich sind. Durch den erhöhten Energieverbrauch von Klimaanlagen hätte man zudem die Stromversorgung ertüchtigen müssen. Das alles wäre teuer geworden. Auch das Zulassungsverfahren durch die Technische Aufsichtsbehörde ist in Köln komplizierter.
Durch neuartiges Dämmmaterial, das zudem auch den neuesten Anforderungen an den Brandschutz entspricht, ist es im Fahrzeug wesentlich leiser als im Ursprungsmodell. Der Fahrgastraum wurde ansprechend gestaltet. Statt der alten Kunstlederbezüge wurde ein modernes Design gewählt, die Sitze sind durchaus als bequem zu bezeichnen. Im Bereich der Drehgestelle wurde ein Mehrzweckraum geschaffen, um auch Fahrgästen mit Rollstühlen, Rollatoren und Fahrrädern Platz zu bieten. Das Fahrzeug wirkt durch ein neues Lichtband hell und übersichtlich, zur Fahrgastinformation sind Monitore installiert, wie sie in keinen modernen Fahrzeug fehlen dürfen. Die Außenanzeige ist nunmehr digital und besser lesbar für die Fahrgäste.
Auch ein Fahrkartenautomat befindet sich an Bord. Dieser nimmt aber leider nur Münzen und die aussterbende Geldkarte an. Banknoten und Girokarten bzw. Kreditkarten werden nicht akzeptiert. In Zeiten des technischen Fortschritts ist das ein Stillstand. Die Düsseldorfer Rheinbahn hat vor ein paar Jahren einen Prozess verloren, als ein Mann des Schwarzfahrens bezichtigt wurde, der seine Fahrkarte mit Scheinen bezahlen wollte. Sowohl das Amts- als auch das Landgericht Düsseldorf entschieden zu Gunsten des Fahrgastes. Stadtwerke-Sprecher Werner Schui wies aber darauf hin, dass an den Türen Aufkleber angebracht sind, auf denen steht, dass ausschließlich Münzzahlung möglich ist. Über kurz oder lang werden sich wohl erneut Gerichte damit befassen müssen.
Zunächst werden die Hälfte der B-Wagen zweiterstellt, was gegenüber einem Neukauf rund 110 Millionen Euro einspart. Der Verwaltungsrat will aber prüfen, ob man alle Fahrzeuge umrüsten kann. Dies sichert zudem auch für die nächsten zehn Jahre Arbeitsplätze in der Werkstatt.
Bild: Stefan Hennigfeld