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Klage des BUND gegen 5. Planänderung (Umplanung des Grundwassermanagements) bei Stuttgart 21 erfolgreich

16.12.11 (Stuttgart) Autor:Niklas Luerßen

Die vom Eisenbahn-Bundesamt (EBA) zugelassene 5. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 28.01.2005 betreffend die Umplanung des Grundwassermanagements (GWM) für den Bau des neuen Tiefbahnhofs in Stuttgart ist rechtswidrig und nicht vollziehbar. Dies hat der 5. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (VGH) mit Urteil vom 15.12.2011 (Az: 5 S 2100/11) festgestellt und damit einer entsprechenden Klage des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) stattgegeben. – *** Ergänzung: Stellungnahme Bahn ***

Dessen weitergehender Antrag, den Bescheid zur 5. Planänderung vom 30.04.2010 zur Gänze aufzuheben, ist hingegen ohne Erfolg geblieben, weil das EBA die Möglichkeit hat, den festgestellten Mangel unter Beteiligung des BUND in einem ergänzenden Verfahren zu beheben.

Mit gesondertem Beschluss vom 15.12.2011 (Az: 5 S 2910/11) hat der 5. Senat zugleich in dem anhängigen vorläufigen Rechtsschutzverfahren entschieden und die aufschiebende Wirkung der vom BUND gegen den Bescheid vom 30.04.2010 erhobenen Klage wiederhergestellt. Diese Entscheidung bewirkt, dass Baumaßnahmen zur Realisierung des geänderten Grundwassermanagements – entgegen dem vom EBA angeordneten Sofortvollzug des Bescheids zur 5. Planänderung – vorläufig unterbleiben müssen. Der BUND hatte Anfang Oktober einen vorläufigen Baustopp am GWM erwirkt, dieser wurde jedoch einige Wochen später vom EBA per Sofortvollzugsanordnung de facto wieder aufgehoben.

Gegenstand des nunmehr für rechtswidrig erklärten Bescheids zur 5. Planänderung ist die Umplanung des GWM, welches für den Bau des neuen Tiefbahnhofs erforderlich ist. Das dem bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 für das Projekt „Stuttgart 21“ zugrundeliegende Grundwasserkonzept sah ursprünglich den Bau von drei einzelnen Infiltrationswasseraufbereitungsanlagen und einer Überschusswasseraufbereitungsanlage an insgesamt vier Standorten in der Nähe des bestehenden Hauptbahnhofsgebäudes vor. Mit dem Bescheid zur 5. Planänderung ließ das EBA die „Zentralisierung“ dieser Anlagen an einem Standort zu. Es ging hierbei von der Vorstellung aus, dass der bisherige Planfeststellungsbeschluss nur hinsichtlich des neuen zentralen Technikgebäudes für die Wasserbehandlung geändert werden müsse, die dem Betrieb der neuen Anlage dienenden zahlreichen Rohrleitungen, Grundwassermessstellen und Infiltrationsbrunnen aber außer Betracht bleiben könnten, weil sie als reine Ausführungsplanung nicht planfeststellungsbedürftig seien.

Dem ist der VGH nicht gefolgt. Er stellt in seinen Entscheidungen klar, dass die genannten Nebenanlagen nicht getrennt von der Umplanung des zentralen Technikgebäudes betrachtet werden dürfen. Diese gehörten notwendigerweise zum Betrieb der (neuen) Wasserbehandlungsanlage und hätten bereits im Rahmen des Verfahrens zur 5. Planänderung in den Blick genommen werden müssen. Das EBA hätte die Frage prüfen und planungsrechtlich bewältigen müssen, welche naturschutzrechtlichen Folgen der Bau dieser Nebenanlagen im Bereich des mittleren Schlossgarten insbesondere für die vom Juchtenkäfer besiedelten Bäume mit sich bringt. In diesem Zusammenhang hätte das EBA den BUND im Planänderungsverfahren beteiligen müssen. Denn schon während des Planänderungsverfahrens hätten Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass (auch) im mittleren Schlossgarten – entgegen bisherigen Erkenntnissen, die dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss vom 28.01.2005 zugrunde lagen – doch eine lokale Population des Juchtenkäfers, einer europarechtlich streng geschützten Art, nachgewiesen sei. Bei dieser Sachlage, so der VGH, sei die Frage, ob der Bau der Rohrleitungen, Grundwassermessstellen und Infiltrationsbrunnen im Mittleren Schlossgarten zu relevanten Beeinträchtigungen dieser Population führe und welche verbindlichen Maßnahmen zum Schutz dieser Population ggf. zu ergreifen seien, schon im Rahmen des Planänderungsverfahrens zu bewältigen gewesen und hätte nicht der Bauausführung vorbehalten werden dürfen.

Der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ergangene Beschluss (5 S 2910/11) ist unanfechtbar. Die Revision gegen das Urteil (5 S 2100/11) hat der VGH nicht zugelassen. Die Nichtzulassung der Revision kann binnen eines Monats nach Zustellung des schriftlichen Urteils durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

 

Stellungnahme der Bahn:

In der Klage des BUND ging es maßgeblich um die Frage, ob das EBA den BUND im Rahmen des Planänderungsverfahrens hätte beteiligen müssen. Das Gericht hat das Beteiligungsrecht jetzt bestätigt und entschieden, dass der BUND nachträglich gehört werden muss. Eine solche Beteiligung kann aus Sicht der Bahn ohne weiteres erfolgen und wird von der Deutschen Bahn im weiteren Prozess unterstützt.

Die Arbeiten am GWM werden bis zur abschließenden Entscheidung des EBA ausgesetzt. Hier ist mit zusätzlichen Auflagen zum Artenschutz zu rechnen.

Die im Januar geplanten bauvorbereitenden Maßnahmen wie der Rückbau des Südflügels oder die Freimachung des Baufeldes im Mittleren Schlossgarten sind davon unberührt und werden unverändert umgesetzt.

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