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Gerangel um die Finanzierung der 2. Stammstrecke für die S-Bahn München

09.08.11 (Allgemein) Autor:admin

Nach der gescheiterten Olympiabewerbung steht die Finanzierung einer zweiten S-Bahn-Stammstrecke in der Bayrischen Landeshauptstadt offenbar vor dem aus. Eine Sprecherin des Bundesverkehrsministers Peter Ramsauer (CSU) sagte dem Münchner Merkur, der Bund wolle kein 60 Prozent der Kosten für die Strecke bezahlen. Es komme nicht in Frage, dass der Bund die gesamten zuwendungsfähigen Kosten in Höhe einer Milliarde Euro beisteuern werde. Im Topf seien schließlich nur 330 Millionen für alle Bahnprojekte in ganz Deutschland. 

Dies stieß in München auf Unverständnis. Martin Zeil (FDP), Verkehrsminister in Bayern: „Die Verhandlungen von Bund und Freistaat gehen gerade erst in die konkrete Phase. Deshalb sollte man das Ergebnis dieser Gespräche abwarten, bevor öffentlich Vorwegfestlegungen getroffen werden.“ Bislang sei es breiter Konsens gewesen, dass die 2. Stammstrecke von zentraler Bedeutung für einen attraktiven und zukunftsfähigen öffentlichen Nahverkehr in der Metropolregion München ist. „Die Bundespolitik kann nicht auf eine Energiewende setzen und sich gleichzeitig gegen ökologisch sinnvolle Verkehrsprojekte stellen“, so Zeil weiter.

Auch die SPD-Opposition im Münchner Landtag ist eindeutig für eine Entlastung für die S-Bahn. Markus Rinderspacher Fraktionschef der SPD: „Herr Ramsauer stellt sich ganz klar gegen München und Hunderttausende S-Bahn-Nutzer in der Großregion, die sehnsüchtig auf eine Verbesserung warten.“ Rinderspacher fordert Horst Seehofer (CSU) auf, in Berlin zu intervenieren. „Wie kann der CSU-Minister die bayerische Landeshauptstadt beim wichtigsten Infrastrukturprojekt offensichtlich so im Stich lassen und langjährige Versprechungen der CSU im Handstreichverfahren vom Tisch wischen“, fragt der SPD-Fraktionschef.

Pro Stunde und Richtung fahren 30 Züge über die Stammstrecke und werden von 800.000 Passagieren täglich genutzt und sei an der Kapazitäzgrenze. „Das erlebt jeder Fahrgast täglich – nur im fernen Berlin will Herr Ramsauer davon nichts wissen.“, sagte Rinderspacher. Ulrich Paffmann, der Vorsitzende der SPD in Bayern ergänzte: „Und was sagen eigentlich die Münchner CSU-Bundestagsabgeordneten zum Nein ihres Ministers? Teilen sie dessen Position gegen die bayerische Landeshauptstadt?“ Und ebenso müssen sich die Grünen mit ihrem Landtagsfraktionschef Runge an der Spitze fragen lassen, „wieso sie der schwarz-gelben Bundesregierung und CSU-Minister Ramsauer mit ihrem Nein zur zweiten S-Bahn-Stammstrecke in die Karten spielen und sich nicht als Unterstützer der Landeshauptstadt betätigen?“

Die Grünen fühlen sich bei ihrem Kurs bestätigt. „Auch haben wir stets darauf hingewiesen, dass der Bund weder verpflichtet ist noch willens sein wird, die 2. Röhre hälftig zu finanzieren“, so Fraktionschef Martin Runge. Der Bund habe klar deutlich gemacht, dass sein Finanzierungsbeitrag immer „unter der Maßgabe der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel“ stehen würde und dass es Aufgabe des Freistaates Bayern sei, „die entsprechende Finanzierung des Gesamtvorhabens im Rahmen seiner grundgesetzlichen Zuständigkeit sicher zu stellen“. Hier den Schwarzen Peter dem Bund zuschieben zu wollen, sei ebenso ein Armutszeugnis für die Staatsregierung wie die Tatsache, dass diese und die DB AG es noch nicht einmal geschafft hätten, beim Bund einen belastbaren Finanzierungsantrag vorzulegen. Scharfe Kritik üben die Landtagsgrünen auch an den Tunnel-Befürworter von CSU, FDP und SPD im Landtag, die sich bis zuletzt der Diskussion einer Alternativlösung zur Entlastung der Stammstrecke verweigert haben, wie das Stadtmagazin München 24 in ihrer Onlineausgabe berichtet.

Für die SPD im Münchener Stadtrat kommt eine Kostenbeteiligung nicht in Frage. Alexander Reissl, Fraktionsvorsitzender der SPD-Stadtratsfraktion: „So langsam wirds hinten höher wie vorn. Weshalb hat Ramsauer den Vorvertrag unterschrieben, wenn er nachher nicht zahlen will? Gleichzeitig erklärt der ehemalige bayerische Wirtschafts- und Verkehrsminister Erwin Huber von der CSU, dass die angeblich reiche Stadt München mit 500 Millionen Euro zusätzlich einspringen muss. Beide wissen doch ganz genau, dass für die S-Bahn ausschließlich der Freistaat und der Bund zuständig sind.“

Die Landeshauptstadt München sei bei der S-Bahn nicht der Aufgabenträger. Dort, wo sie es ist, also bei U-Bahn, Bus und Tram, arbeite die Stadt vorbildlich, so Reissl. So wurde beispielsweise das U-Bahnnetz seit 1993 um satte 55 Prozent erweitert, im gleichen Zeitraum wuchs das S-Bahnnetz nur um magere 2 Prozent. „Vom Zustand der Anlagen ganz zu schweigen!“, kritisiert der SPD-Fraktionschef im Rathaus.

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