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DB AG: Neuer Vorstand und Beihilfebeschwerde

14.11.19 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG hat in der letzten Woche eine neue Vorstandsstruktur sowie eine Milliarden-Investition in zusätzliche Züge beschlossen. Sigrid Nikutta, die Vorstandsvorsitzende der Berliner Verkehrsbetriebe AöR verstärkt künftig den Vorstand der Deutschen Bahn AG. Der DB-Aufsichtsrat bestellte die 50-Jährige während einer Sondersitzung.

Die promovierte Psychologin übernimmt ab 1. Januar 2020 den neugeschaffenen Vorstandsposten Güterverkehr. Gleichzeitig wird sie auch die operative Führung, also den Vorstandsvorsitz der DB Cargo AG, in Mainz übernehmen. Nikutta arbeitete bereits von 2001 bis 2010 für die heutige DB Cargo, die damals unter DB Schenker Rail Deutschland AG firmierte. Unter anderem war sie für den Ganzzugverkehr zuständig und Vorstandsmitglied der DB Schenker Rail Polska.

Michael Odenwald, Aufsichtsratsvorsitzender: „Im Güterverkehr gibt es sehr viel zu tun, um die ehrgeizigen Ziele des Unternehmens zu erreichen. Frau Nikutta hat durch die organisatorische Neuordnung den notwendigen Entscheidungsspielraum.“ Der Vorstandsvorsitzende Richard Lutz erklärte: „Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit Sigrid Nikutta und packen jetzt mit vereinten Kräften an.“

Gleichzeitig gab der DB-Aufsichtsrat grünes Licht für einen noch stärkeren Ausbau der Fernverkehrsflotte. Ein weiterer positiver Effekt: Hunderte neue Arbeitsplätze entstehen. Bislang sind für die kommenden Jahre bereits 137 ICE 4, 23 ECx und 17 KISS-Züge bestellt. Der Aufsichtsrat genehmigte nun den Kauf von weiteren 30 Hochgeschwindigkeitszügen, die insbesondere auf den Schnellfahrstrecken Köln – Rhein-Main und zwischen München – Berlin für deutlich mehr Sitzplätze sorgen werden.

Mit den neuen Zügen sollen, so die Vorgabe der DB AG an die Hersteller, ab Dezember 2022 mindestens 11.400 zusätzliche Sitzplätze neu in das Angebot des Fernverkehrs kommen. Auch acht Fahrradstellplätze je Zug sind vorgesehen. Die Entscheidung des DB-Aufsichtsrates ist ein weiterer großer Schritt in Richtung Umsetzung der Strategie „Starke Schiene“, nämlich im Fernverkehr die Verdopplung der Fahrgastzahlen.

Neben dieser Milliardeninvestition wird der DB-Fernverkehr 500 Millionen Euro in den Ausbau seiner ICE-Werke investieren und damit noch mehr Arbeitsplätze schaffen. Das DB-Werk in Frankfurt-Griesheim wird deutlich erweitert, um mehr Züge instandhalten zu können. Für Cottbus laufen bereits Planungen für den Ausbau des dortigen Werks. Die DB AG schafft somit insgesamt 600 neue Arbeitsplätze.

Zur Investitionsfinanzierung steht der DB AG in den kommenden Jahren eine Kapitalerhöhung von jeweils einer Milliarde Euro pro Jahr bis 2030 zur Verfügung. Diese wird der Bund als Alleinaktionär des Konzerns aus seinem Haushalt finanzieren. Hier droht allerdings juristischer Ungemach. Die Wettbewerberverbände Mofair e.V. und das Netzwerk Europäischer Eisenbahnen e.V. (NEE) haben angekündigt, hier eine Beihilfebeschwerde einzureichen.

In einer Erklärung der Verbände heißt es: „Diese Maßnahme würde, wenn sie wie vorgeschlagen, umgesetzt würde, massiv wettbewerbsverzerrend wirken. Die Deutsche Bahn könnte damit nicht nur die Infrastruktur stärken, sondern vor allem auch ihren im Wettbewerb stehenden Transportgesellschaften erhebliche Vorteile verschaffen.“

Mofair und das NEE hatten bereits direkt nach dem Beschluss des Klimakabinetts gegenüber dem Bundesverkehrsministerium um Aufklärung gebeten, was genau geplant ist und wie die Maßnahme umgesetzt werden solle. Bis heute ist das Haus eine – explizit zugesagte – Antwort schuldig. Die beiden Verbände haben daher CMS Hasche Sigle, eine auf EU-Beihilferecht spezialisierte Kanzlei, um eine Einschätzung gebeten.

Das Ergebnis ist eindeutig: Die Eigenkapitalerhöhung ist eine Beihilfe, die bereits dann entsteht, wenn sie durch das Parlament beschlossen wird. Vor Abschluss eines auf jeden Fall notwendigen Notifizierungsverfahrens bei der EU-Kommission dürfte die Maßnahme nicht umgesetzt werden (sogenanntes „Durchführungsverbot“).

Mofair und das NEE appellieren an die Verantwortlichen, die Bahninfrastruktur über andere, nicht wettbewerbsverzerrende Instrumente robuster zu machen. Die erstmalige Auszahlung der Kapitalerhöhung an den Bahnkonzern soll bereits im Jahr 2020 erfolgen. Im Rahmen eines Nachtragshaushaltes wurde diese Posten in den bereits zuvor im Bundestag verabschiedeten Bundeshaushalt aufgenommen.

Siehe auch: Starke Schiene oder starke DB?

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