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Sachsen: Neutrassierung nach Tschechien

18.01.16 (Europa, Fernverkehr, Güterverkehr, Sachsen) Autor:Stefan Hennigfeld

Im Freistaat Sachsen fordert man für die grenzüberschreitende Eisenbahnverbindung von Dresden nach Prag statt einer Ertüchtigung der Bestandsstrecke entlang der Elbe eine Neutrassierung. Die Relation ist einer der schlimmsten Engpässe im europäischen Eisenbahnkorridor aus Mitteleuropa Richtung Orient bzw. östliches Mittelmeer, trägt allerdings die Hauptlast des internationalen Güterverkehrs auf dieser Relation. Da die Strecke aus topographischen Gründen nicht großartig ausbaufähig ist, spricht man sich jetzt für eine Neutrassierung aus.

In den vergangenen Jahren wurde unterschiedliche Lösungen bewertet. „Angesichts der steigenden Gütermengen spielt der Verkehrsträger Schiene in Zukunft eine immer bedeutendere Rolle“, so Verkehrsminister Martin Dulig (SPD). „Ein leistungsfähiges Schienennetz zwischen Dresden und Prag ist unabdingbarer Bestandteil für eine zukunftsfähige Verkehrsinfrastruktur. Deshalb machen wir uns für eine bessere Anbindung Sachsens an das europäische Hochgeschwindigkeits- und Güterverkehrsnetz stark.“

Im Rahmen einer von der EU-geförderten Studie wurde seit Sommer 2014 gemeinsam mit dem Verkehrsministerium der Tschechischen Republik eine umfassende Optimierung der bisherigen Variante der neuen Eisenbahnstrecke außerhalb des Elbtals vorgenommen. Mit Unterstützung der beteiligten Planungsbüros, den beiden Infrastrukturbetreibern, der TU Bergakademie Freiberg und dem Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie Freiberg sind eine Vielzahl von interessanten Ergebnissen erarbeitet worden. Wesentliche Erkenntnisse der Studie zur Trassenführung und zu den geologischen Untersuchungen wurden letzte Woche vorgestellt.

Die Vorzugslösung zeichnet sich durch eine weitestgehende Umfahrung von Siedlungsräumen und ökologisch sensiblen Bereichen aus. Geologische und hydrologische Aspekte wurden berücksichtigt. Das Ergebnis ist die Querung der Staatsgrenze zwischen Deutschland und Tschechien durch einen 26 Kilometer Basistunnel im Osterzgebirge. Die neue Eisenbahnstrecke für den Personen- und Güterverkehr würde die Reisezeit für die Fahrgäste zwischen Dresden und Prag aktuell von mehr als zwei Stunden auf 50 Minuten verringern.

„Die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke Dresden – Prag ist ein langfristiges und zukunftsweisendes Projekt innerhalb des Transeuropäischen Verkehrsnetzes. Gerade deshalb ist es wichtig, frühzeitig mit den Planungen zu beginnen. Außerdem zeigen die bisherigen Erfahrungen gerade bei Großprojekten, dass eine frühzeitige Einbeziehung aller Beteiligten und größtmögliche Transparenz im Hinblick auf Verständnis und Akzeptanz für das Vorhaben ungemein wichtig sind“, so Dulig. „Die sehr gute und enge Zusammenarbeit mit den tschechischen Partnern, aber auch mit den Vertretern der EU, die das Projekt unterstützt, haben sich dabei bisher als sehr hilfreich und zielführend erwiesen.“

Als nächste Schritte werden nun vertiefende Untersuchungen beispielsweise der Geologie und Hydrologie entlang der Trasse erfolgen. Zur noch intensiveren Koordinierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit der Tschechischen Republik und den von der Strecke tangierten Gemeinden im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge und der Region Ústí nad Labem soll auch der sich in Vorbereitung befindliche Europäische Verbund zur Territorialen Zusammenarbeit (EVTZ) beitragen.

Für einen möglichen Planungsbeginn durch die Deutsche Bahn AG ist die Aufnahme der Bahnneubaustrecke Dresden-Prag in den Bundesverkehrswegeplan (BVWP) in diesem Jahr Voraussetzung. Der Freistaat Sachsen hat deshalb die jetzt abgeschlossenen Planungen zur Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans angemeldet. Zur Untersetzung der Anmeldung werden die Studienergebnisse dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur in Kürze übergeben.

Auch auf tschechischer Seite sollen die Planungen politisch vorangetrieben werden. Ob es eine Realisierungschance in absehbarer Zeit hat, ist jedoch unwahrscheinlich, unabhängiges vom Nutzwert. Das hat u.a. damit zu tun, dass der Bundesverkehrswegeplan bereits seit Jahren vielfach überzeichnet ist und die verfügbaren Investitionsmittel bereits jetzt nicht ausreichen. Doch davon unabhängig ist es für eine mögliche Realisierung notwendig, vorhandene Planungen vorlegen zu können, auch im Wettbewerb mit anderen Bundesländern um die wenigen Bundesmittel, die es für den Ausbau der Schienenwege gibt.

Siehe auch: Internationalen Verkehr langfristig planen

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