Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Internationalen Verkehr langfristig planen

18.01.16 (Europa, Fernverkehr, Güterverkehr, Kommentar, Sachsen) Autor:Stefan Hennigfeld

Unabhängig von der aktuellen Diskussion über Grenzkontrollen, Innen- und Außengrenzen im Schengenraum oder anderen Konflikten der großen weltpolitischen Bühne, so ist eins klar: Waren rollen und Menschen reisen quer durch Europa und deren Aufkommen wird in den kommenden Jahren weiter wachsen. Es mag rechtslastige und zum Teil regelrecht unerträgliche Regierungen in Polen oder Ungarn geben und doch bleiben diese Länder ein Teil Europas.

Die Staaten sind auf verschiedenen Ebenen miteinander vernetzt und haben, gerade im grenznahen Raum, gemeinsame Regionen, in denen man gemeinsame Lokalpolitik machen muss. Dazu gehört auch, dass man Eisenbahnverbindungen gemeinsam plant. Denn gerade der internationale Güterverkehr ist eine Aufgabe europäischer Eisenbahnpolitik. Sehr wahrscheinlich wird sich bei den jetzt im Freistaat Sachsen getroffenen Planungen auf absehbare Zeit (also auf Jahrzehnte) überhaupt nichts weiter tun, aber was bedeutet das konkret? Wenn die Bestandsstrecke nicht großartig ertüchtigt werden kann, dann werden die Güter über die Straße speditiert.

Eine ähnliche Problematik gibt es ja auch beim Thema Rheintalbahn: Die Schweizer sind mit ihrem Gotthard-Basistunnel so gut wie fertig und auf deutscher Seite läuft der viergleisige Ausbau der Rheintalbahn seit 1987 und ein Ende oder eine wie auch immer geartete Form von Projektabschluss ist zeitlich nicht absehbar. Was machen die Schweizer also? Sie kündigen an, und zwar zurecht, dass die LKW an der Grenze auf die Schiene geladen werden. Die untertunneln ein ganzes Gebirge und in Deutschland ist niemand in der Lage, die infrastrukturellen Voraussetzungen für den Zubringerverkehr des längsten Eisenbahntunnels der Welt zu schaffen.

Das gilt analog auch für den deutsch-niederländischen Güterverkehr: Die Betuwe-Strecke ist seit fast zehn Jahren in Betrieb und verbindet die ARA-Häfen mit den Niederlanden. Sie endet kurz vor der deutschen Grenze – für die Weiterführung gibt es zwar Planungen, Überlegungen und irgendwann auch mal Entwürfe für Finanzierungsvereinbarungen, aber es tut sich nichts. Auf deutscher Seite geht es dann irgendwie zwischen dem übrigen Verkehr weiter. Es ist ein sehr realistisches Szenario, dass auch zwischen Dresden und Prag in einigen Jahren ein solcher Zustand herrscht: Sobald die deutsche Grenze erreicht ist, geht es nur noch im Schneckentempo weiter und das wiederum sorgt dafür, dass die Schiene an Leistungsfähigkeit verliert und auch der Nutzen, den solche Projekte in anderen Ländern bringt, vermindert wird.

Ja, es braucht nicht nur Planungen, sondern für den internationalen Güterverkehr anständige Infrastrukturen, die dem steigenden Verkehrsaufkommen der nächsten Jahre und Jahrzehnte gerecht werden. Was wir in Deutschland heute an Verkehrsinfrastruktur haben, ist planungstechnisch im wesentlichen ein Erbe der 70er und 80er Jahre. Aber was damals gereicht haben mag, ist heute zu wenig. Es muss sich insgesamt einiges tun. Und ja, das kostet Geld. Aber ein ausgeglichener Haushalt, der mit einem hohen Investitionsstau erkauft wird, ist am Ende eben auch nichts wert.

Siehe auch: Sachsen: Neutrassierung nach Tschechien

Kommentare sind geschlossen.