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Gotthard-Basistunnel: Reparatur wird monatelang dauern

24.08.23 (Fernverkehr, Güterverkehr, Schweiz) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Schäden nach dem Unfall in der Weströhre sind deutlich größer als zunächst abschätzbar. Die Reparaturarbeiten sind aufwändig und werden mehrere Monate dauern. Priorität hat aktuell die Inbetriebnahme der unbeschädigten Oströhre. Der Güterverkehr kann diese seit dieser Woche wieder befahren. Der Reiseverkehr muss bis auf Weiteres über die Panoramastrecke umgeleitet werden. Die SBB sucht zusammen mit dem Bundesamt für Verkehr nach Lösungen, damit auch Reisezüge baldmöglichst durch die Oströhre fahren können.

SBB CEO Vincent Ducrot äusserte sich vor den Medien zu den Auswirkungen des Unfalls: „Der Gotthard-Basistunnel gehört zu den sichersten der Welt. Dass trotzdem ein solcher Unfall geschehen konnte, trifft uns sehr. Zum Glück gab es keine Verletzten, aber es entstand großer Sachschaden.“ Die SBB sei sich bewusst, dass die Auswirkungen des Unfalls große Unannehmlichkeiten für die Reisenden und die Güterverkehrskunden mit sich brächten: „Dafür möchten wir uns entschuldigen und bitten um Verständnis. Die eingesetzten Teams setzen alles daran, dass so schnell wie möglich wieder ein sicherer Bahnverkehr durch den Gotthard-Basistunnel möglich ist.“

Die Untersuchungsbehörden haben die Unfallstelle in der Weströhre des Gotthard-Basistunnels freigegeben. Die SBB kann nun mit den umfangreichen Aufräumarbeiten beginnen. 16 entgleiste und teils schwer beschädigte Güterwagen befinden sich noch immer im Tunnel. Nach eingehenden Untersuchungen zeigte sich, dass das Ausmaß der Schäden deutlich größer ist als nach ersten Schätzungen angenommen. Insgesamt müssen rund acht Kilometer Gleise und 20.000 Betonschwellen ersetzt werden. Das Gleisbett ist im Bereich des Spurwechsels Faido stark beschädigt.

Bis alle beschädigten Teile der Bahnanlagen ersetzt sind, wird es mehrere Monate dauern. Die SBB geht aktuell davon aus, dass voraussichtlich Anfang 2024 beide Tunnelröhren wieder eingeschränkt für den Bahnverkehr zur Verfügung stehen. Die SBB arbeitet mit Hochdruck daran, dass die unbeschädigte Oströhre baldmöglichst vom Güterverkehr genutzt werden kann. Dazu wird das beschädigte, fest installierte Spurwechseltor provisorisch durch ein mobiles Tor ersetzt, das normalerweise bei Unterhaltsarbeiten zum Einsatz kommt.

Zudem muss die Stellwerküberwachung beim Spurwechsel wiederhergestellt werden. Das stark beschädigte Spurwechseltor ist eine Spezialanfertigung und muss ersetzt werden. Das Tor gewährt im Regelbetrieb den Brandschutz und sorgt für die Trennung der Luftzirkulation zwischen den beiden Tunnelröhren. SBB Cargo kann einen Großteil des Binnengüterverkehrs über die Panoramastrecke abwickeln. Dazu gehören die Expresszüge im Wagenladungsverkehr über Nacht und ein Großteil der Tagesverbindungen.

Zwischen 23 und 5 Uhr steht die volle Kapazität der Panoramastrecke für den Güterverkehr zur Verfügung, zwischen 5 und 23 Uhr jeweils ein Trasse pro Stunde und Richtung. Damit ist die Ver- und Entsorgung im Tessin und die Landesversorgung gewährleistet. Jedoch können nur vereinzelte Transit- und Import/Export-Verkehre über die Panoramastrecke geführt werden.

Da sich das Rollmaterial im kombinierten Transitverkehr nicht für die Panoramastrecke eignet, nutzt SBB Cargo die Kapazitäten für den Binnengüterverkehr. SBB Cargo International nutzt für den kombinierten Transitverkehr im Moment die Ausweichstrecke über den Lötschberg für etwa dreißig Prozent ihres Gütervolumens. Die Reisezüge werden bis auf Weiteres über die Panoramastrecke umgeleitet.

Die Reisezeit verlängert sich im nationalen Verkehr um sechzig Minuten, im internationalen Verkehr zwischen sechzig und 120 Minuten. Doppelstockzüge können nicht auf der Panoramastrecke fahren und werden durch Giruno und ICN sowie EWIV ersetzt. Zusatzzüge zu Spitzenzeiten können nicht verkehren. Der Treno Gottardo der SOB verkehrt weiterhin. Die einstöckigen Züge haben weniger Kapazität als die doppelstöckigen. An Wochenenden stehen bis auf Weiteres bis zu 30 Prozent weniger Sitzplätze zur Verfügung.

An Werktagen ist die Kapazität leicht eingeschränkt. Im internationalen Reiseverkehr muss in Chiasso umgestiegen werden. Nur die Züge von und nach Genua und Venedig verkehren direkt. Die SBB prüft, ob die Sitzplatzkapazität über die Gotthard-Panoramastrecke erhöht und ob zusätzliche direkte internationalen Verbindungen angeboten werden können. Der betroffene Unglückszug bestand aus insgesamt dreißig Güterwaggons.

Siehe auch: Wie wichtig der Güterverkehr für alle ist

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