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Warme Worte, von denen wenig bleibt

10.05.21 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Wenn ein Vertreter des Schweizer Bundesamtes für Verkehr darauf hinweist, dass die Eisenbahnfinanzierung in der Eidgenossenschaft auch aus Mineralölsteuern finanziert werden, dann ist das für sich genommen durchaus in Ordnung. Was die deutsche Eisenbahnbranche aber weiß, jedoch dennoch verschweigt, ist dass noch bis vor ein paar Jahren die Regionalisierungsgelder ebenfalls aus dem Minieralölsteueraufkommen des Bundes finanziert worden sind.

Erst mit der Novelle des Regionalisierungsgesetzes im Herbst 2015 hat man die Finanzierung aus Bundesmitteln offen gelassen. Man kann natürlich bei nächster Gelegenheit diesen Passus in das Regionalisierungsgesetz wieder aufnehmen oder auch bei einer Neuverhandlung der LuFV im nächsten Vertragszeitraum explizit Bundesgelder aus dem Mineralölsteueraufkommen verlangen, aber im Endeffekt ist es völlig egal, wo der Bund die Gelder hernimmt.

Bemerkenswert ist aber, dass man immer zum Ende einer Legislaturperiode fordert, bestimmte Änderungen jetzt aber endlich voranzubringen. Die Einführung des Deutschlandtaktes steht seit langer Zeit in zahlreichen Koalitionsverträgen. In den Nullerjahren ging man davon aus, dass der Markt alles regele und wo die DB AG nicht bereit ist, eigenwirtschaftlich zu fahren, ist halt kein Verkehrsbedürfnis vorhanden.

Das Problem ist, dass man bei einer tatsächlichen Organisation auf Seiten des Bundes der DB AG ihre Organisationshoheit des Verkehrs wegnehmen müsste. Das ist der rosa Elefant, der im virtuellen Raum steht und den keiner sehen möchte, denn natürlich ist die DB AG der Akteur, der nach wie vor die Eisenbahnpolitik macht und natürlich ist Eisenbahnpolitik in Deutschland sehr häufig die Unternehmenspolitik der DB AG, weil sich die Mandatsträger entweder nicht interessieren oder nicht bereit sind, sich in die Materie einzuarbeiten.

Wir brauchen aber, und die Ansätze sind ja da, eine Marktöffnung auch im SPFV. Wie soll man das jetzt anstellen? Fahren zwischen dem Ruhrgebiet und Berlin oder zwischen Nürnberg und München dann demnächst mehrere EVU parallel mit ihren eigenen Tarifen, während ganze Landstriche mangels Interesse abgeschnitten sind? Wie sieht es überhaupt aus mit der Durchtarifierung, wenn man mehrere Akteure auf dem Markt hat? Braucht man nicht viel eher einen Deutschlandtarif, an den dann alle Eisenbahnunternehmen gebunden sind? Und ist es nicht Aufgabe des Bundesverkehrsministeriums oder einer nachgeordneten Behörde, die Leistungen auf der Schiene zu definieren und zu bestellen?

Im Regionalverkehr jedenfalls funktioniert das mit dem Bestellerprinzip sehr gut und ist einer der Erfolgsfaktoren der Eisenbahnreform. Da muss der Weg auch im SPFV hingehen, auch dann wenn die DB AG ihre Pfründe behalten will. Hier muss man ran, hier muss man dicke Bretter bohren. Das geht aber nicht, wenn einem das ein paar Wochen vor der Bundestagswahl einfällt, sondern das muss was auch immer für eine neue Bundesregierung ab Herbst 2021 über Jahre hinweg vorantreiben, auch gegen zu erwartende Widerstände.

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