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Marktwirtschaftliche Strukturen auch in Österreich schaffen

29.04.21 (Kommentar, Österreich, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Nun ist es immer schwierig, einem anderen Land Tipps zu geben, wie es die Eisenbahn organisieren soll. Und sicher ist den ÖBB auch ohne dass man marktwirtschaftliche Strukturen geschaffen hätte, eine erhebliche Sanierung gelungen. Während die Bundesbahn in Deutschland in den frühen 1990er Jahren endgültig abgewirtschaftet hatte und der Verkehrsträger Schiene nur durch eine Abschaffung der alten Behördenbahn zu retten war, gelang in Österreich die Modernisierung des Eisenbahnsektors anders.

Wohlgemerkt: Überall in Westeuropa ist man nach 1945 den Weg der Monopol-Staatseisenbahn mit dogmatischer Unteilbarkeit von Netz und Betrieb gegangen und die Folgen sind überall die gleichen. Dabei sieht die Europäische Union in der Verordnung 1370/07 ja gerade vor, dass die Mitgliedsstaaten in verschiedene Richtungen gehen können.

Direktvergaben von Eisenbahnleistungen sind immer dann erlaubt, wenn dies nicht nach nationalem Recht untersagt ist. So werden die verschiedenen Öffnungsgrade der nationalen Eisenbahnmärkte abgebildet. Die Österreicher dürfen daher mit dem gesamten Verkehr ihre ÖBB beauftragen, während man in Deutschland gerade keine Direktvergaben zugunsten der Ex-Bundesbahn mehr machen darf. Und wenn wir ehrlich sind: Es hat sich bewährt.

Wir haben vor zehn oder 15 Jahren Diskussionen über Schlechtleistungen geführt, die sich heute niemand mehr vorstellen kann. Es gab Zeiten, da wurden Qualitätsberichte der Aufgabenträger kritisiert, weil man es den Betreibern nicht zumuten könne, nach standardisierten Bewertungen in verschiedenen Netzen verglichen zu werden. Und das kann ich aus aus Deutschland unseren Nachbarn nur empfehlen: Geht diesen letzten Schritt hin zu einer marktwirtschaftlichen Eisenbahn.

Daseinsvorsorge heißt nicht zwingend, dass der Staat alles selbst machen muss. Konkurrenz sorgt dafür, dass es wirtschaftlich bleibt und wenn man in Österreich die Perspektive sieht, dass die Märkte dauerhaft geöffnet sind, dann werden aus ganz Europa neue Unternehmen kommen. Wir haben das in Deutschland nach dem Abellio-Urteil gesehen, als die privaten britischen Verkehrskonzerne Go-Ahead und National Express neu in den hiesigen Eisenbahnmarkt eingetreten sind.

Diese Unternehmen haben Deutschland nicht zufällig auf dem Globus entdeckt und sich überlegt, dass es da ganz lustig sein kann, sondern die sind eingetreten, als der Ausschreibungswettbewerb von einem Gnadenakt des Aufgabenträgers zu einem einklagbaren Recht geworden ist. Und das wird auch in Österreich passieren.

Gleichzeitig können die Verkehrsbehörden die Qualität der Leistungen effektiv kontrollieren und dafür sorgen, dass die Kosten für den Steuerzahler nicht über die Marktpreise steigen. Umgekehrt könnten die ÖBB neue Geschäftsfelder erschließen, wenn sie selbst in ganz Europa in den SPNV einsteigen und dort das Marktgeschehen beleben. So sind viele Ex-Monopolisten heute deutlich breiter aufgestellt als früher. Der Weg in den Wettbewerb auf der Schiene ist auf jeden Fall der richtige.

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