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Ja zur großen Lösung

08.04.21 (Bayern, Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Die entscheidende Frage stellt die bayrische Verkehrsministerin zurecht: Was ist denn im Jahr 2040, was ist 2050 oder vielleicht auch 2070? Wie also soll sich der Verkehr zwischen München und dem Allgäu entwickeln in einer Zeit, in der die jetzt amtierende Generation nicht mehr am Ruder ist, aber für deren Vorbereitung sie sich jetzt verantwortlich zeigt.

Natürlich kann es sein, dass ein viergleisiger Ausbau Richtung Allgäu im Moment nicht angezeigt ist, aber die Vorbereitungen müssen getroffen werden: Es darf nicht sein, dass ein entsprechender Ausbau bei höherer Nachfrage in einigen Jahrzehnten an Gegebenheiten scheitert, die jetzt zu verantworten sind.

Also gehören Brücken so gebaut, dass vier Gleise darunter Platz haben, die Bahnhöfe müssen mit entsprechenden Ausweich- und Überholgleisen ausgestattet werden und überhaupt muss man sicherstellen, dass nicht irgendwo ein Wohnhaus steht, wo eigentlich ein viertes Gleis liegen könnte. Diese Aufwärtskompatibilität ist richtig und wichtig.

So wie man heutzutage umgekehrt stets so plant, dass Einzelmaßnahmen ihre Wirkung auch dann entfalten können, wenn noch nicht das große und ganze fertiggestellt ist, so darf ein „Im Moment wäre der Aufwand nicht gerechtfertigt“ nicht zu einem „Das ist für alle Zeiten unmöglich“ führen. Überhaupt muss man sich die Frage stellen, ob Baumaßnahmen im Stil von „Klein, Schnell und Billig“ wirklich immer so „besonders nachhaltig“ sind, wie man es annimmt.

Es ist ja schön, wenn man mal eine Weiche einbaut, eine neue Ausweichstelle schafft oder endlich Überholgleise auch dort hat, wo nicht planmäßig überholt wird. Nicht selten sind es die unverhältnismäßigen Rückbauten der Nullerjahre, die hier regelmäßig zu Betriebsengpässen führen, weil eine Verkehrsinfrastruktur entweder börsenfähig, oder aber leistungsfähig sein kann, beides gemeinsam geht nicht.

Deshalb ist so manche Ausbaumaßnahme unserer Tage eigentlich nichts anderes als die Spätfolge Mehdorn´scher Misswirtschaft, unter denen der Verkehrsträger Schiene gerade im Infrastrukturbereich besonders zu leiden hatte. Doch die Eisenbahn ist nun einmal, bei aller Sympathie für alternative ÖPNV-Angebote und Fahrdienste, das Rückgrat der Massenmobilität.

Es ist ja sympathisch, wenn man sich Uber-Autos demnächst auch in Lindau am Bodensee, in Füssen oder Kaufbeuren vorstellt. Doch damit man vernünftig in die Ferienregionen kommt, ist eine grundständige Versorgung mit einem vernünftigen Personenverkehrsangebot auf der Schiene unumgänglich. Die DB AG wirbt beispielsweise im Internet damit, dass man den Lechfall in Füssen mit dem Bayernticket besuchen kann, das Schloss Neuschwanstein ist gar Teil des Programms Fahrtziel Natur.

Doch ein Blick auf die Fahrplanrealitäten zeigt, dass man solche Sehenswürdigkeiten besser mit dem Auto besucht und die A7 ist ja auch direkt in der Nähe. Hier muss man gerade für eine alternde Gesellschaft die Voraussetzungen schaffen, dass man bald dort mit dem Zug hinfahren kann, wo es jetzt nur mit dem Auto sinnvoll ist.

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