Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Ein gutes Zeichen

30.10.19 (Kommentar, München) Autor:Stefan Hennigfeld

Hin und wieder bin ich in München und nutze, wie sollte es anders sein, dort auch den ÖPNV. Autofahren macht in einer solchen Stadt keinen Spaß und wenn ich nicht direkt über den Hauptbahnhof oder den Flughafen anreise, dann parke ich am Stadtrand. Schon vor Jahren ist mir am Tarif des MVV aufgefallen, dass dieser – wenn man ihn einmal durchschaut hat – ein hohes Maß an Preisgerechtigkeit aufweist, aber das ist auch alles.

Transparenz ist indes völlige Fehlanzeige. Im Gegenteil: Niemand weiß, wie viele Touristen sich an ihrer Hotelrezeption Tageskarten gekauft haben, die sie in dieser Form gar nicht gebraucht hätten, nur um angesichts des MVV-Tarifs sicherzugehen. Und so gerecht die Preisgestaltung im jetzt bald ehemaligen Tarif sein mag, so wäre dieser doch mit seinen zahlreichen Ringen und Streifen heute aus gutem Grund politisch nicht mehr mehrheitsfähig.

Jetzt macht man zurecht einen deutlich einfacheren Tarif. Gleichzeitig ist es aber wichtig, dass man die Chancen nutzt, die diesbezüglich mit der Digitalisierung einhergehen. Klassische Zugangshemmnisse von Wenigfahrern, die sich mit den Tarifen nicht auskennen, die befürchten, keine Ahnung zu haben, welche Fahrscheine sie am Automaten ziehen müssen und beim Thema Zugfahren mit einem „Ich weiß doch gar nicht, wie das geht“ antworten, können im modernen Zeitalter elektrischer Helferlein sehr schnell ihre Scheu verlieren.

Aus gutem Grund gibt es inzwischen zahlreiche Apps für Wenigfahrer, die sich ganz gezielt an Menschen richten, die keine Ahnung haben, welchen Fahrschein sie brauchen, die aber dennoch umsteigeinteressiert sind. Check-In/Check-Out oder Be-In/Be-Out-Systeme erleichtern es ungemein, einfach mal in den Zug zu steigen. Wichtig ist es jetzt, dass man es branchenweit schafft, dafür zu sorgen, dass die Systeme kompatibel werden.

Die DB AG geht hier sicher mit der Verbuntauglichkeit des DB Navigators einen guten Weg. Doch die Verbünde selbst sind gefordert, ihre Apps gegenseitig kompatibel zu machen: Damit ich in Köln eines Tages auch mit der VRR-App meinen Fahrschein bezahlen kann und damit ich in München – zumindest mittelfristig – auch in der VBB-App mein Ticket ziehen kann.

Gemeinsame Schnittstellen, gegenseitiger Zugriff auf die jeweiligen Server und einiges mehr wären wohl nötig, aber im Interesse des Fahrgastes auch machbar sein. Denn der intuitive Zugang ist eine der Grundvoraussetzungen, die zu erfüllen sind, wenn man wirklich im großen Stil Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagern will.

Und gerade im MVV reden wir ja nicht nur von der Münchener Kernstadt, sondern von den Landkreisen bis weit ins Umland rein. Wer von Bad Tölz einen Tag – ob privat oder geschäftlich – nach München reist, der muss es genauso einfach haben wie der Neuperlacher, der nach Schwabing zum Arbeiten pendelt. Eins aber kann man an der großen Tarifreform sehen: Es ist Bewegung im Gesamtsektor des ÖPNV. Die Lethargie der vergangenen Jahre hat man überwunden, es tut sich insgesamt etwas. Es wird besser und das ist in jedem Fall ein gutes Zeichen.

Siehe auch: MVV steht vor der Tarifreform

Kommentare sind geschlossen.