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Deutsche Bahn kauft Ex-Traumschiff

01.04.16 (Allgemein) Autor:Stefan Hennigfeld

MS_Deutschland_(babord)Das ehemalige Fernseh-Traumschiff, das einst unter dem Namen MS Deutschland die sieben Weltmeere befuhr, lag noch letzte Woche verkaufsbereit vor Anker. Die Eigentümer hatten den Preis von 35 auf 32 Millionen Dollar gesenkt – und gingen zugunsten der Deutschen Bahn AG noch einmal auf 28 Millionen Dollar runter. Der Konzern steigt somit in den Kreuzfahrtmarkt ein. Koordiniert wird das Projekt vom Sonderbeauftragten des Vorstandes Siegfried Schiffermann: „Wir wollen die Popularität der MS Deutschland nutzen und sie unter ihrem alten Namen fahren lassen.“

Heimathafen wird jedoch nicht, wie in der alten Zeit, Neustadt in Holstein sein, sondern Valetta auf Malta. Schiffermann erklärt die gesellschaftsrechtlichen Zusammensetzungen: „Bereedert wird die Deutschland von der DB Heidekrautschiff GmbH, die eine maltesische Tochtergesellschaft gegründet hat. Die Idee geht zurück auf einen externen Unternehmensberater, dessen Identität ich Ihnen nicht verraten kann.“ Brancheninformationen zufolge soll es sich um Hartmut Mehdorn handeln, der in den Bereichen Bruchlandung und Schiffbruch ein ausgewiesener Experte ist.

Darüber hinaus will die Deutsche Bahn die technischen Kompetenzen der Seefahrt für sich nutzen. Schiffermann: „Von der Kiellegung im Dezember 1996 bis zur Jungfernfahrt im Mai 1998 vergingen für die MS Deutschland nur 17 Monate. Bei Eisenbahnfahrzeugen ist in der Vergangenheit oft mehr als die doppelte Zeit vergangen – wir wollen für die Schiene aus dem Schiffbau lernen.“

Das jedoch sehen nicht alle Seiten positiv. Fridolin B. Denkenträger vom „Deutschen Bahnfahrgastverband Contra Straße e.V.“ hat bereits kurz nach Bekanntwerden des Deals eine Hochseemaut gefordert. „Es kann nicht sein, dass die Schiene erneut benachteiligt wird. Außerdem verursachen die Ozeane ebenfalls Fixkosten und müssen unterhalten werden. Die dafür anfallende Wasserrechnung zahlt die öffentliche Hand ohne Beteiligung der Reedereien – das ist inakzeptabel.“

Doch aller Kritik zum Trotz soll die neue und alte MS Deutschland bereits zur Saison 2016 auf den Markt gebracht werden. Die Übergabe fand am 1. April statt. Schiffermann: „Wir werden zunächst Ziele in Nordeuropa ansteuern. Im Land der Mitternachtssonne gibt es keine Dunkelheit – also braucht auch niemand Angst zu haben, dass Licht am Ende des Tunnels ein entgegenkommender Zug sein könnte.“

In den Wintermonaten soll die Deutschland – wie zu alten Zeiten – interkontinental unterwegs sein. Den Anfang macht ab Oktober 2016 eine Fahrt durch den Suezkanal Richtung China. Da DB Cargo derzeit Versuche startet, Güterkunden vom Seeweg ganz gezielt für die Verladung über die transsibirische Eisenbahn abzuwerben, möchte die DB Heidekrautschiff GmbH gegenhalten. „Als Reederei müssen wir die Potentiale des Seeweges zeigen und veranschaulichen, dass wir besser sind“, so Schiffermann.

Bild: Ludovic Péron
Lizenz: CC-by-SA 3.0

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