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Der Fernbus und die Bahn – ein Zwischenruf

26.01.15 (Fernverkehr, Kommentar) Autor:Max Yang

Im ARD-Politikmagazin „Kontraste“ wurde am vergangenen Donnerstag unter dem Titel „Fernbusse bremsen Bahn aus“ ein kritischer Bericht über den von der vergangenen schwarz-gelben Bundesregierung liberalisierten Fernbusverkehr gesendet. Tenor: Die Fernbusliberalisierung sei kurzsichtig, die neue Reisefreiheit werde den Kunden teuer zu stehen kommen. Angefangen von der Entsorgung von Abwässern über Lenkzeiten bis hin zur angeblichen Benachteiligung der Eisenbahn über Trassengebühren werden die üblichen Kritikpunkte wiederholt. Dass über die Mineralölsteuer bereits der Schienenpersonennahverkehr mitfinanziert wird (§ 6 Abs. 1 Regionalisierungsgesetz) und darüber hinaus die Trassenpreisgestaltung größtenteils der gewinnorientierten DB Netz AG unterliegt, wurde unterschlagen.

Mangels Rückhalt in der Politik wolle sich die Deutsche Bahn nun auf das Premiumprodukt ICE konzentrieren. Eine „‚streng vertrauliche? Vorlage aus dem Aufsichtsrat“ belege, dass die Zukunft der InterCity-Züge fraglich sei. Verwiesen wird irreführenderweise darauf, dass Städte wie Trier und Chemnitz bereits heute vom Fernverkehr abgekoppelt seien. Die Kahlschläge, die schon zur weitgehend wettbewerbsfreien Mehdorn-Ära mit der Abschaffung des InterRegio eingeleitet wurden, sind aber schon von der zeitlichen Abfolge her nicht auf den Fernbus zurückzuführen.

Auch die Umweltbilanz wird untersucht. Zwar sei der Fernbus bei ähnlicher Auslastung in Bezug auf den CO2-Ausstoß derzeit noch besser als die Bahn, allerdings sei es laut einer Vertreterin des Umweltbundesamts nur mit der Bahn möglich, „die Klimaschutzanforderungen in irgendeiner Form erfüllen zu können“. Doch während Großbritannien jetzt Prototypen von neuen Akkutriebwagen im Regelbetrieb testet (Zughalt berichtete), geht es in Deutschland extrem langsam voran mit der Ersetzung dieselbetriebener Fahrzeuge. Ein Extrembeispiel ist ohne Frage der deutsch-polnische Nahverkehr: Die Elektrifizierung des Grenzstücks der Strecke Berlin-Stettin zieht sich schon mehrere Jahre hin, die Reisezeiten und Frequenzen sind ausgesprochen unattraktiv, Aufgabenträger koordinieren sich nicht grenzüberschreitend (siehe RB91 nach Poznan) und die Nutzer orientieren sich folgerichtig nach den Fernbussen und dem PKW.

Die Politik schaute auch tatenlos zu, als die DB den InterRegio keulte, statt etwa mit der Ausschreibung von SPFV-Aufträgen gegenzusteuern. Dieses Versagen kann man nicht den intermodalen Wettbewerbern anlasten. Verantwortlich für das rundfunkgebührenfinanzierte Format „Kontraste“ („Das Magazin aus Berlin“) ist der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB). Nun zeigten sich bei der Berliner S-Bahn, betrieben von einem faktischen Monopolisten, jahrelange Verfallserscheinungen, wie sie seit dem zweiten Weltkrieg nicht mehr bekannt waren. Eine Anbietervielfalt gibt den Fahrgästen immerhin die Macht, unzuverlässige Beförderer zu meiden, und der Erfolg gibt den Busunternehmen Recht.

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