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Die Eisenbahn schafft Ersatzarbeitsplätze

28.11.22 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Natürlich kann man sagen, dass die DB AG gezielt dort mit Ausgleichsgeldern in neue Standorte investiert, wo man Ausgleichsgelder für den Kohleausstieg abgreifen kann. Das ist sicher auch nicht falsch. Aber der Standort Cottbus eignet sich auch anderen Gründen: Zum einen hat man die Möglichkeit, bezahlbaren Grund und Boden zu erwerben, anders als im Berliner Zentrum. Zum anderen ist man aber immer noch nah genug an der Bundeshauptstadt, dass man eine relativ große Nähe zu einem der wichtigsten Knotenpunkte im deutschen SPFV hat.

Cottbus ist also ein guter Standort für die Instandhaltung von Fernverkehrszügen. Außerdem wird man die neuen Eisenbahner nicht einfach so herzaubern können. Die Zeiten, dass die Arbeitsämter auf Zuruf nahezu unbegrenzt Bewerber geschickt haben und dann womöglich noch deren Ausbildung und Qualifikation für die neue Tätigkeit finanziert haben, sind vorbei. Die Arbeitsämter haben nur noch selten (ausreichend) geeignete Leute, die sich kurzfristig in Arbeit vermitteln lassen. Auch Budgetsenkungen haben dazu geführt, dass Bildungsgutscheine an Erwerbslose nur noch sehr selten herausgegeben werden können.

Die grundlegende arbeitsmarktpolitische Situation hat sich erheblich gewandelt. Also muss man, wenn man über tausend Leute neu einstellen will, dahin gehen, wo man gute Chancen auf gute Mitarbeiter hat. Umgeschulte Kohlekumpel sind sehr wohl geeignet, bei der Eisenbahn anzukoppeln und zukünftig an ICE-Triebzügen ihr Tagewerk zu vollbringen. Das ist auch einer der Gründe, wieso der Dortmunder Hafen ebenfalls ein Standort für ein neues Werk der DB Fernverkehr AG ist: Weil Dortmund zwar längste keine Kohle und keinen Stahl mehr hat, weil die Brauereien deutlich weniger geworden sind, aber dafür ist Dortmund heute eine Eisenbahnerstadt.

Es gibt bereits einen großen DB-Standort und auch Siemens hält hier zentral die gesamte RRX-Flotte instand. Stadler hat im benachbarten Herne die Hauptwerkstatt für die Triebzüge der S-Bahn Rhein-Ruhr eröffnet und wiederum DB Regio betreibt in Essen und Münster ebenfalls moderne Werkstätten ganz in der Nähe. Die Eisenbahn bietet attraktive Arbeitsplätze, langfristige Sicherheit, gute Bezahlung und faire Arbeitsbedingungen.

Überall dort, wo es bereits Eisenbahnstandorte gibt, siedeln sich auch junge Familien an. Wer aus der Schule kommt und eine Ausbildung bei was auch immer für einem Eisenbahnunternehmen macht, kann sich sicher sein, dass die Schiene ihn bis zum Austritt aus dem Arbeitsleben viele Jahrzehnte später wird ernähren können.

Allerdings ist das keine Selbstverständlichkeit: Die vielfach geforderte Flexibilisierung des Arbeitsmarktes ist jetzt da. So ein Quereinsteiger kann auch nach relativ kurzer Zeit wieder aussteigen und sich erneut umorientieren. Wie viele Leute das machen wissen wir nicht. Die ÖBB sagen, dass fast zwanzig Prozent der Quereinsteiger in den ersten zwei Jahren wieder gehen. Für Deutschland liegen solche Zahlen nicht vor. Wichtig ist daher neben der Akquise auch der Erhalt vorhandener Personalressourcen.

Siehe auch: ICE-Werk Cottbus: Bau liegt im Zeitplan
Foto: Deutsche Bahn AG

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