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Wettbewerber fordern Auflagen zur DB-Kapitalerhöhung

10.09.20 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Mofair und Allrail, die beiden politischen Verbände der deutschen und europäischen Wettbewerbsbahnen, haben in der letzten Woche der EU-Kommission einen Plan für Auflagen vorgelegt, ohne die nach einer Ansicht keine Kapitalerhöhung bei der bundeseigenen Deutschen Bahn AG durch den Bund erfolgen dürfe. „Wir halten die Kapitalerhöhung weiter für EU-rechtswidrig, denn sie verzerrt den Wettbewerb massiv“, kritisiert Mofair-Präsident Christian Schreyer die Pläne des Bundes, „aber wenn sie kommt, muss sie an strenge Auflagen geknüpft werden, um die Verzerrung auszugleichen.“

Schreyer nennt exemplarisch die Kündigung der Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträge innerhalb des DB-Konzerns. Anfang Juli hatte der Bundestag im zweiten Nachtragshaushalt 2020 ohne Debatte eine erneute Eigenkapitalerhöhung für das bundeseigene Unternehmen beschlossen. Belegt wurde weder, für welche Teile des Konzerns die Mittel eingesetzt werden sollen, ob der Bedarf tatsächlich auf die Pandemie zurückzuführen ist, und ob Eigenkapital überhaupt das richtige Instrument bei ausgebliebenen Fahrgeldeinnahmen ist.

Zum Vergleich: Kein kommunales Verkehrsunternehmen hat seinen Gesellschafter um zusätzliches Eigenkapital gebeten. Nur die DB tat dieses. Weder darauf, noch auf andere Fragen, die Mofair im Mai 2020 gegenüber der Bundespolitik aufgeworfen hatte, liegen befriedigende Antworten vor. Außerdem ist nicht ausgeschlossen, dass die Deutsche Bahn Hilfen aus verschiedenen Töpfen gleichzeitig erhält, z. B. durch die Eigenkapitalerhöhung und den unternehmensübergreifenden Rettungsschirm für den gemeinwirtschaftlichen Verkehr oder durch Hilfsprogramme für im Ausland tätige DB-Töchter – wie etwa in Großbritannien für Arriva.M

ofair und Allrail halten eine Eigenkapitalerhöhung für die DB AG für europarechtswidrig. Daran hat sich seit der Debatte um die Eigenkapitalerhöhung auf Basis des Klimaschutzpakets nichts geändert, im Gegenteil: War damals wenigstens vorgesehen, das frische Eigenkapital für die Infrastruktur einzusetzen, sollen jetzt explizit im Wettbewerb stehende DB-Töchter wie DB Fernverkehr, DB Regio, DB Vertrieb, Arriva und DB Cargo unterstützt werden – im Endeffekt nicht gegen die Coronakrise, sondern gegen die Wettbewerber.

Profitieren würde dann nicht der Verkehrsträgere Schiene, sondern der Konzern mit seinen Interessen. Dieser ist nicht deckungsgleich mit der Eisenbahn per se. Die Verbände fordern: Die Gewinnabführungs- und Beherrschungsverträge innerhalb des DB-Konzerns werden gekündigt. So wird die wirtschaftliche Lage der einzelnen DB-Gesellschaften transparent. Das würde die anstehende politische Diskussion um die Struktur des Konzerns deutlich zielgerichteter machen.

Vor allem würden Quersubventionen der Transportsparten durch die Infrastruktur unterbunden. Angebote unter Selbstkosten zur Rückgewinnung von Marktanteilen im SPNV durch die DB Regio und ihre Töchter werden wirksam unterbunden. Die eigens zu diesem Zweck gegründete „Regionalverkehre Start Deutschland GmbH“ wird aufgelöst. Für den Fahrausweisvertrieb und die Fahrgastinformation soll künftig der Grundsatz gelten: „Jeder soll alles über alle Vertriebskanäle zu fairen Konditionen verkaufen und über alles informieren dürfen.“

Das heißt, alle relevanten Fahrplandaten (Soll-, Prognose- und Ist-Daten sowie auch Auslastungsdaten etc.) sollen zugänglich sein. Der Fernverkehrstarif soll aus einem Haustarif der DB in einen unternehmensübergreifenden Tarif überführt werden. Die marktbeherrschenden DB-Vertriebsportale bahn.de und die App DB Navigator sollen durch die Bundesnetzagentur reguliert werden.

Analog zum – sehr positiven – Rettungsschirm für den gemeinwirtschaftlichen Verkehr muss es endlich auch ein Unterstützungspaket für den eigenwirtschaftlichen SPFV geben, das z. B. einen Ausgleich von weiterlaufenden Fixkosten während der Zeit des eingeschränkten Verkehrs und deutlich abgesenkte Trassenpreise umfasst.

Die Deutsche Bahn muss ihre Gebrauchtfahrzeuge für alle Verkehrsarten diskriminierungsfrei für Mitbewerber ohne Einschränkungen zugänglich zu machen, etwa dass eine Nutzung nur im Ausland und nicht auf dem deutschen Schienennetz erlaubt ist. Allrail-Generalsekretär Nick Brooks: „Angesichts des massiven Markteingriffs zugunsten der Deutschen Bahn im In- und Ausland sind ebenso deutliche Markteingriffe zugunsten des Wettbewerbs notwendig, um wieder annähernd ein Gleichgewicht herzustellen.“

Siehe auch: Mofair und Allrail haben recht

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