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Große Lösungen für eine gute Zukunft

03.09.20 (Hamburg, Kommentar, Schleswig-Holstein) Autor:Stefan Hennigfeld

Auch wenn die Fahrgastzahlen jetzt kurzfristig gesunken sind, so kann man fest davon ausgehen, dass die Tendenz auch langfristig weiter nach oben geht. Das gilt in allen Metropolregionen, auch an der Hamburger Waterkant. Es ist völlig unmöglich, jetzt vorherzusagen, ob das Vorkrisenniveau im Jahr 2022, 2025 oder 2030 erreicht wird, aber es wird irgendwann erreicht und dann weiter nach oben gehen.

Immer mehr Menschen haben längere Arbeitswege und der Trend zur Heimarbeit federt das Wachstum vielleicht etwas ab, dämpft es aber nicht. Es ist daher richtig, dass man auch die großen Lösungen weiter anstrebt, wie etwa hier im HVV bei der Ausweitung der Linie S 4. Das gilt analog für zahlreiche weitere Metropolprojekte in der Republik: Für den Knoten Köln, den zweiten S-Bahntunnel in München und vielem mehr.

Die Infrastruktur der Bonner Republik, die in den 1960er Jahren geplant und in den 1980er Jahren weitgehend fertiggestellt war, reicht nicht mehr aus für unsere heutigen Verkehrsbedürfnisse. Und die oft als besonders nachhaltig empfundenen Ausbaumaßnahmen unter der Prämisse „klein, schnell und billig“ mögen zwar hin und wieder effektiv die Betriebsstabilität steigern, aber Deutschland braucht mehr und leistungsfähigere Verkehrsinfrastruktur.

Da tut es auch gut, wenn man eine Linie wie die S 4 auf ihren äußersten Außenästen im Stundentakt als Regionalbahn laufen lassen möchte. Man kann also durchaus von einem vergrößerten Karlsruher Modell sprechen, dass es in der Innenstadt und in Hamburger Außenbezirken einen S-Bahntakt gibt und dass man allerdings auch bis weit in die Fläche fahren kann, ohne umzusteigen.

Dazu kommt die Möglichkeit, dass man in einigen Jahren den Takt auch dort verdichtet, wenn die Nachfrage steigt. Dabei darf es für die kommenden Jahre auch im Moment keine Rolle spielen, ob man die Regionalisierungsgelder in einigen Jahren noch hat oder ob es überhaupt möglich ist, entsprechend Leute einzustellen. Natürlich ist diese Frage wichtig und die Politiker, die Infrastrukturausweitungen sind, sollten darauf auch eine gute Antwort haben.

Aber wenn man die Infrastruktur einmal hat, dann kann man deutlich besser agieren, als wenn man wartet. Ein Beispiel: Auch im VRR gibt es eine S4 und deren Verlängerung über Dortmund-Lütgendortmund bis Castrop-Rauxel war lange beschlossene Sache, die Gelder für die Streckenverlängerung lagen zur Jahrtausendwende bereit. Der Ausbau scheiterte aber daran, dass man kein Geld hätte, die Leistungen auf der ausgebauten Strecke zu finanzieren.

2005 hat man in Nordrhein-Westfalen alle bereits getroffenen Finanzierungsvereinbarungen gekippt und einer Neubewertung unterzogen. Da stand man am Ende ganz ohne irgendwas da und muss sich bis heute mit dem Status Quo zufriedengeben. Zumal die Höhe der Regionalisierungsgelder ja auch bis 2030 festgeschrieben ist. Es liegt an den Ländern selbst, ob man einer möglichen Veränderung zustimmt oder nicht. Auch hier ist die politische Verantwortung vor Ort gefragt. Der SPNV ist keine reine Verhandlungsmasse.

Siehe auch: HVV: S4-Ostausbau wird konkret

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