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Der Masterplan für die neue Ernsthaftigkeit der starken Schiene

06.07.20 (Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Salopp gesagt: Wenn man alle paar Jahre eine „neue Ernsthaftigkeit“, einen diesmal wirklich „großen Masterplan“ oder die „starke Schiene“ vorstellt, dann muss man sich schon einige Fragen stellen: Was ist aus den letzten großen Ankündigungen geworden und wieso braucht man jetzt einen neuerlichen Masterplan? Kann man überhaupt so einen Deutschland „von oben“ befehlen und wer hat welche Interventionsmöglichkeiten, wenn die tatsächlich verantwortlichen Behörden und Stellen warum auch immer nicht mitspielen?

Was kann der Bund tun, wenn das Bundesunternehmen DB Fernverkehr AG nicht bereit ist, auf bestimmten Relationen zu fahren und das Oberzentrum A nicht mit dem Oberzentrum B verbinden möchte? Wie geht man aus Bundessicht mit der seit inzwischen auch rund zehn Jahren vorhandenen Bestrebung der DB Fernverkehr AG um, zur Finanzierung der Eisenbahnleistungen möglichst Regionalisierungsgelder anzapfen zu wollen?

Oder nehmen wir mal eine andere Zahl, die schon lange immer wieder genannt wird: Die Verdoppelung der Fahrgastzahlen bis 2030. Gut, vielleicht nimmt man sich die eingebrochenen Werte durch die Corona-Krise als Benchmark, da ist es doch leichter, aber es ist doch nie im Leben möglich, das Personenverkehrsaufkommen zu verdoppeln.

Wobei: Sprechen wir von der Zahl der Zugkilometer im Personenverkehr, der Personenkilometer oder der Zahl der Fahrgastfahrten? Das ist keine Erbsenzählerei, sondern man muss zuerst definieren, was Diskussionsgegenstand ist, um nicht in Worthülsen zu verfallen. Diese Infrastruktur dürfte aber kaum in der Lage sein, das doppelte Fahrgastaufkommen aufzunehmen, erst recht dann nicht, wenn auch der Güterverkehr deutlich stärker als der Markt wachsen soll.

Hier spricht man, und das ist wirklich relativ neu, tatsächlich nicht von absoluten Tonnenkilometern, sondern stellt das ganze in Relation zum Modal Split. Sie erinnern sich vielleicht, dass es noch gar nicht lange her ist, da hat man Hinweise nach dem schlechten Modal Split stets mit absurden Argumenten versucht wegzuwischen. „Wir sind nicht das Statistische Bundesamt“ hieß es mal vom VDV oder Rüdiger Grube fing an, die Fahrgastentwicklung auf der Schiene in Relation zu den Kfz-Neuzulassungen zu setzen.

Wenn man jetzt aber die Tonnage auf der Schiene so stark erhöhen will, wo das Netz an seinen Flaschenhälsen (und gerade da) ohnehin stark überlastet ist, da kann man auch ohne großes Gegengutachten Zweifel anmelden und sagen, dass das wohl im Jahr 2030 sehr wahrscheinlich nicht so sein wird, wie man es jetzt hier an dieser Stelle angekündigt hat.

Dabei gibt es ja die verkehrspolitischen Erfolge, wo man es wirklich geschafft hat, mit Engagement vor Ort, mit guter Zusammenarbeit und natürlich auch einer angemessenen Finanzierung mit öffentlichen Geldern einen guten Eisenbahnverkehr auf die Beine zu stellen. Hierfür braucht man aber keine großen Worte, sondern man muss Taten sprechen lassen. Und genau darauf bin ich in den kommenden Jahren wirklich gespannt.

Siehe auch: Masterplan Schienenverkehr unterzeichnet

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