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Vor Ort richtig was bewegen

09.12.19 (Kommentar, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

So schön es ja wäre, wenn der VRR eine besondere Förderung als Modellregion durch die Bundesregierung bekäme, so sehr muss die konkrete Ausgestaltung allerdings vor Ort passieren. Wer einen besseren ÖPNV haben möchte, der muss vor seiner eigenen Haustüre kehren, sodass die Unterstützung durch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) nur rein symbolischer Natur sein kann.

Und auch der VRR kann nicht „von oben“ dafür sorgen, dass die kommunalen Planungsämter die gute Sache über die persönlichen Eitelkeiten stellen. In den letzten Jahren war immer wieder die Rede vom Deutschlandtakt, der jetzt auch (mal wieder) im Koalitionsvertrag aufgenommen worden ist. Es ist nicht der erste Koalitionsvertrag, in dem davon die Rede ist und es wird mutmaßlich auch nicht der letzte sein.

Und hier ist das Dilemma: Man kann einen Deutschlandtakt nur von oben nach unten planen. Zuerst muss der SPFV stehen, dann können die Aufgabenträger ihre Expressnetze ausarbeiten und es folgen die S-Bahn und kleineren Zubringerlinien. Wenn das steht, sind die Kommunen am Zug, ihre Bus- und Stadtbahnnetze entsprechend anzupassen. Hier müssen wirklich alle am vielzitierten Strang ziehen.

Da ist es nicht akzeptabel, wenn irgendein Rathausbeamter oder Ortsbürgermeister sagt, dass ihm die Busline 4711 aber in einer ganz anderen Fahrplanlage besser gefällt, weil das immer schon so war. Dazu kommen vielleicht auch Bürgermeister in mittleren Städten, die gar kein Interesse daran haben, dass der Stadtbus gute Anschlüsse an den SPNV bietet, weil manch ein Dorfschulze in der irrigen Annahme lebt, dass man Kaufkraftabfluss in die größeren, umliegenden Städte auf diese Art und Weise verhindern könne.

So schön es in einem solchen Fall natürlich wäre, wenn der SPNV-Aufgabenträger ein Durchgriffsrecht hätte, so wäre aber auch das keine befriedigende Situation. Es ist nicht Sache einer „oberen Behörde“, die Arbeit der Kommune zu machen. Aber genau diese persönlichen Eitelkeiten sind oft die Probleme, an denen eine effektive Verkehrspolitik scheitert und die dafür sorgt, dass die Menschen dennoch wieder mit dem Auto fahren.

In den ländlichen Regionen der neuen Bundesländer ist man da mit dem Konzept Plusbus auf dem richtigen Weg: Man vergibt einen Titel und verlangt im Hinblick auf den Taktverkehr und die damit einhergehende Mobilitätsverfügbarkeit bestimmte Qualitätsanforderungen an diese Plusbusse. Werden diese nicht oder nicht ausreichend erfüllt, wird der Standard nicht vergeben. So hat man statt externer Vorgaben etwas positives.

Man vergibt quasi eine Auszeichnung. Nun lässt sich dieses Modell nicht 1:1 auf den polyzentrisch geprägten VRR-Raum übertragen, aber ich bin sicher, dass es viele schlaue Köpfe gibt, die hier gute Ideen haben. Bislang hat man es im VRR noch immer geschafft, etwas besonderes und vorbildliches auf die Beine zu stellen. Ich bin deshalb sehr optimistisch, dass dies auch jetzt gelingen wird. Wer guten Ideen gegenüber offen ist, der kann richtig was bewegen.

Siehe auch: VRR plant umfassendes ÖPNV-Stärkungsprogramm

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