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LNVG beauftragt Bombardier mit Instandhaltung

29.08.16 (Niedersachsen) Autor:Stefan Hennigfeld

Als einer der ersten Aufgabenträger hat die Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) in Niedersachsen mit dem Aufbau eines eigenen Fuhrparks angefangen. Was zur Jahrtausendwende noch ein absoluter Sonderweg war, ist inzwischen auch in anderen Bundesländern gang und gäbe. Das hat jedoch zur Folge, dass man in Niedersachsen inzwischen einen ausgesprochen großen eigenen Fuhrpark hat, der auch EVU-übergreifend eingesetzt werden könnte. Das wird in Zukunft wichtig, wenn sich etwa Linienwege verändern oder auch einzelne Linien aus dem einen Vergabeobjekt herausgenommen und einem anderen zugeteilt werden.

Darüber hinaus muss sich niemand Sorgen um die Anschlussverwendung machen. Obwohl: Es hat in Deutschland noch nie einen Fall gegeben, bei dem marktfähiges Rollmaterial dauerhaft ohne Auftrag geblieben wäre. Je nach der Großwetterlage auf den Finanzmärkten ist es dennoch oft schwierig, Finanzierungen für Investitionsgüter zu bekommen, die nur für 15 Jahre auskömmliche Aufträge haben, aber auf 30 Jahre abgeschrieben werden. Doch gerade weil die Züge solange für einen bestimmten Aufgabenträger genutzt werden, muss dieser sich Gedanken um die Instandhaltung machen.

In Niedersachsen hat man dies getan und gab in der letzten Woche bekannt, Bombardier Transportation mit der Instandhaltung der landeseigenen Fahrzeugflotte beauftragt zu haben. Insgesamt 257 Fahrzeuge werden künftig instandgehalten: Es sind 220 Doppelstockwagen, 29 elektrische und acht Diesellokomotiven aus dem Fahrzeugpool der LNVG. Der Auftrag hat eine Laufzeit bis 2035 und trägt zur Sicherung von rund neunzig Arbeitsplätzen in Niedersachsen bei.

„Eine hohe Verfügbarkeit bzw. Wirtschaftlichkeit unserer Lokomotiven und Doppelstockwagen ist im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) wichtige Voraussetzung für zufriedene Fahrgäste“, unterstreicht LNVG-Chef Hans-Joachim Menn die Bedeutung des neuen Auftrags. Im Vertrag mit der LNVG hat Bombardier erstmals eine 100-prozentige Verfügbarkeit der Fahrzeuge im täglichen Betrieb zugesichert und sich gleichzeitig zur Zahlung entsprechender Vertragsstrafen bei Nichterreichen verpflichtet. „Damit haben wir ein Verfügbarkeitsniveau, das nicht mehr zu toppen ist und sich positiv auf die Reisendenzahlen auswirken wird“, prognostiziert Menn, dessen Gesellschaft zwischen Harz und Nordsee den Nahverkehr auf der Schiene organisiert und dafür jährlich knapp 300 Millionen Euro Steuergelder ausgibt.

Francois Muller, Leiter Flottenmanagement Services Bombardier, ergänzt: “Wir sind sehr stolz, dass wir das Vertrauen der LNVG durch unsere Leistungen in den letzten 13 Jahren gewinnen konnten und mit der weiteren Instandhaltung der Fahrzeuge beauftragt wurden. Dies unterstreicht Bombardiers Service-Kompetenz sowie die langjährige und erfolgreiche Zusammenarbeit mit der LNVG und unseren Partnern in diesem Projekt“.

Die LNVG hat Bombardier bereits seit Lieferung der ersten Züge im Jahr 2003 mit der Instandhaltung betraut. Der jetzt unterzeichnete Servicevertrag umfasst den kompletten Lebenszyklus der LNVG-Fahrzeuge mit einer wirtschaftlichen Nutzungsdauer von rund 30 Jahren. Die Übernahme der Halterschaft und der daraus folgenden ECM-Verantwortung ist ein Novum für Bombardier. Die LNVG kann damit auch bei künftigen Vergaben im SPNV dem ausgewählten Eisenbahnunternehmen die Fahrzeuge rechtskonform beistellen.

Dabei ist der Bereich After-Sales für die Fahrzeugindustrie seit einigen Jahren der wichtigste Wachstumsmarkt: Während sich der Bereich Neufahrzeuge auf hohem Niveau stabilisiert hat, sind Expansionen hier kaum noch möglich. Vielleicht wird in einigen Jahren der eine oder andere Big Player einen anderen übernehmen, das Marktvolumen insgesamt jedoch bleibt weitgehend konstant. Das sieht anders aus, wenn es um Instandhaltungsaufträge geht.

Ganz gleich ob von Eisenbahnverkehrsunternehmen oder direkt vom Aufgabenträger: Es ist lukrativ für den Hersteller, langfristig für den Erhalt seiner Flotte verantwortlich zu bleiben. Das betrifft sowohl die eigenen Züge als auch Instandhaltungsaufträge über Alt- bzw. Bestandsfahrzeuge oder Unfallinstandsetzungen. In Deutschland ist aber die Anschaffung und Wartung durch den Betreiber noch immer die Regel und wird es – trotz teilweise gegenläufiger Tendenzen – wohl auch langfristig bleiben. In Niedersachsen jedenfalls haben alle beteiligten Akteure jetzt langfristige Planungssicherheit.

Siehe auch: Politische Machtkämpfe

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