Verbände zur InfraGo-Gründung
05.12.22 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Knapp ein Jahr nach Unterzeichnung des Koalitionsvertrags sind kaum Fortschritte auf dem Weg zur vorgesehenen gemeinwohlorientierten Schieneninfrastrukturgesellschaft zu erkennen. Eine Eröffnungsbilanz über die Verantwortung von Bund und DB, wie es zum desolaten Zustand des Schienennetzes kommen konnte, fehlt genauso wie Eckpunkte einer Definition des Begriffs „Gemeinwohlorientierung“.
Stattdessen ist bereits jetzt absehbar, dass der Bund damit rechnet, bestimmte Detailfragen erst nach dem Start der Gesellschaft zu klären: Wie die staatliche DB hat auch er mehrere Millionen Euro für Beratungsleistungen sind eingeplant.
Mofair-Präsident Tobias Heinemann: „Eine gemeinwohlorientierte Schieneninfrastruktur in Deutschland muss auf Qualität, nicht auf Finanzergebnis ausgerichtet werden. Das ist in der Branche und weiten Teilen der Politik Konsens. Dafür braucht es Strukturreformen und eine ausreichende finanzielle Ausstattung. Weder die schiere Fusion von DB Netz und Station&Service noch die Kampagne für das Hochleistungsnetz allein werden für mehr Qualität und Resilienz ausreichen. Wir wollen unbedingt in dieser Legislaturperiode zu Ergebnissen kommen. Das Verkehrsministerium muss die Arbeiten jetzt endlich vorantreiben.“
Zurzeit wird immer deutlicher, dass die Interpretation des Koalitionsvertrags deutlich auseinandergeht: Mofair und der Güterbahnen-Verband haben von Anfang an plädiert, neben einer deutlich besseren finanziellen Ausstattung der Schieneninfrastruktur auch deutliche strukturelle Änderungen an der heutigen Verfasstheit des DB-Konzerns vorzunehmen.
Dazu gehören u. a. die Kündigung der Ergebnisabführungs- und Beherrschungsverträge, die Vollendung der personellen und finanziellen Entflechtung und die Entsendung von Vertretern der Netznutzer in den Aufsichtsrat einer kundenfreundlichen, transparenten, personell gut ausgestatteten und effizienten „Schiene Deutschland GmbH“. Die Regierung muss gleichzeitig dafür sorgen, dass ihre Arbeitsweise der neuen Gesellschaft entspricht und sie ihrer Rolle als Hüterin des Gemeinwohls gerecht wird. Die Güterbahnen und Mofair schlagen deshalb ein neues „Bundesamt für Verkehr“ vor, das die „Schiene Deutschland GmbH“ mit fachkundigem Personal bei der Erreichung ihrer Ziele unterstützt und bei Problemen korrigierend wirkt.
Güterbahnen-Vorstandsvorsitzender Ludolf Kerkeling: „Gemeinwohlorientiert ist eine Gesellschaft nicht, nur weil sie sich dafür hält. Die auf Verschleiß und Knappheit konditionierten Infrastrukturgesellschaften brauchen einen grundlegenden Struktur- und Kulturwandel. Dafür muss der Bund schnellstmöglich eine klare Definition vorlegen, wodurch sich eine gemeinwohlorientierte Führung der Infrastrukturgesellschaft auszeichnet und wie sie neben hoher Qualität auch schnell die nötige Kapazitätserweiterung produziert. Was nicht geht, ist eine „Passt schon“-Mentalität, mit der die Gesellschaft erstmal startet, ohne eine Einigung über das finale Ziel.“
Foto: Deutsche Bahn AG / Volker Emersleben