49-Euro-Ticket: Tauziehen dauert an
05.12.22 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Das Tauziehen um die Einführung des 49-Euro-Tickets dauert weiter fort. In der letzten Woche haben die Landesverkehrsminister die grundsätzliche Einigung erzielen können, dass die Länder sich an den Kostenrisiken beteiligen, jedoch nur dann, wenn der Bund bereit ist, dies in gleicher Höhe ebenfalls zu tun. Ursprünglich hatten die Landesregierungen jedwede finanzielle Beteiligung an dem Konzept ausgeschlossen, was auch der Grund dafür ist, wieso die Einführung zum 1. September gescheitert ist. Jetzt liegt der Spielball wieder bei der Bundesregierung.
Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) ist aktuell der Auffassung, dass eine Einführung frühestens zum 1. Mai kommenden Jahres möglich ist – also dann acht Monate nach dem Ende des Neun-Euro-Tickets. Die grundsätzliche Bereitschaft der Länder, sich an den Kosten zu beteiligen, begrüßt der VDV. Auch dass diese bereit sind, mehr als die ursprünglich vereinbarte Summe zu geben. Demnach wären drei Milliarden Euro im Jahr geflossen, jeweils hälftig vom Bund und hälftig verteilt auf die 16 Länder. Alle Kostenrisiken darüber hinaus wären in unbegrenzter Höhe den Kommunen zugefallen. Das funktioniert natürlich nicht.
„Der Beschluss der Verkehrsministerkonferenz zur hälftigen Finanzierung des Deutschland-Tickets inklusive etwaiger Mehrkosten ist ein starkes Signal der Länder, das wir ausdrücklich begrüßen. Die Landesverkehrsminister gehen damit einen entscheidenden Schritt weiter als ihre Ministerpräsidenten dies noch Anfang November getan haben. Dafür sind wir dankbar und damit ist klar: Das Ticket kann umgesetzt werden, wenn jetzt auch der Bund seinen Teil zu möglichen Mehrkosten beiträgt. Die politische Hängepartie muss aufhören und der Starttermin des Tickets endlich final festgelegt werden“, so VDV-Hauptgeschäftsführer Oliver Wolff.
Dabei ist die Gesamtsituation kompliziert und ein solches Angebot lässt sich nicht mit nur wenigen Tagen oder Wochen Vorlauf einführen. „Wir reden hier, anders als beim Neun-Euro-Ticket, nicht über ein befristetes Angebot als Sonderaktion, sondern über einen dauerhaften und nahezu kompletten Systemwechsel im gesamten deutschen ÖPNV-Tarif. Dazu müssen Bundes- und Landesgesetze angepasst und die Liquidität der Unternehmen gesichert werden. Zudem müssen zahlreiche Genehmigungsbehörden vor Ort dem neuen Tarif formal zustimmen. Alternativ kann das auf Bundesebene erfolgen, dann muss dies allerdings im Bundestag und im Bundesrat beschlossen werden“, so Wolff.
Derweil warnt auch der Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) vor den kommunalen Kostenrisiken. Grundsätzlich stellt man zwar klar, dass man bei einer endgültigen Schaffung der finanziellen, rechtlichen und administrativen Voraussetzungen die Umsetzung so schnell es geht unterstützen wird, aber Geschäftsführer Michael Vogel und Volker Otto, Vorsitzender des Beirats der im VRS zusammengeschlossenen Verkehrsunternehmen, sehen auch Risiken: „Hier sehen wir nach aktueller Beschlusslage noch erhebliche Risiken, die vor Einführung des Deutschlandtickets unbedingt klärungsbedürftig sind bzw. die wir Ihnen hiermit zur Kenntnis geben wollen. Die beschlossenen finanziellen Mittel durch Bund und Länder reichen absehbar zum vollen und dauerhaften Ausgleich der realen Mindererlöse und Kosten nicht aus!“
Einigten sich Bund und Länder nicht auf die von der Branche geforderte Nachschusspflicht, fielen die finanziellen Risiken auf die Verkehrsunternehmen und damit auf deren überwiegend kommunale Eigentümer zurück, warnen Michael Vogel und Volker Otto. Weitere finanzielle Risiken für die kommunalen Haushalte bergen demnach die Umstellungs- und Einführungskosten für das Deutschlandticket, die bislang von der Beschlusslage nicht gedeckt seien, sowie die unabsehbaren Verschiebungen bei Nutzungsverhalten und Verkaufseinnahmen.
Aus ähnlichen Gründen warnt der Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmen (bdo) vor einer Händepartie. Verbandsgeschäftsführerin Christiane Leonard: „Wieder einmal eine Sonderkonferenz ohne konkrete Ergebnisse. Wieder keine auskömmliche Finanzierung. Wieder keine geregelte Nachschusspflicht. Wieder kein verbindlicher Rechtsanspruch für Busunternehmen, der den Ausgleich der Einnahmeverluste gesetzlich regelt und sicherstellt. Es ist nicht mehr zu vermitteln, warum es bei so einer epochalen Richtungsentscheidung nicht zu einer Einigung kommt. Die Fährgäste und die Verkehrsunternehmen erwarten, dass endlich Klarheit geschaffen wird.“
Siehe auch: Klarheit schaffen!