Auch digitale Sicherheit herstellen
13.01.22 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
In einer Zeit, in der alle Welt über Smarthome spricht, sind es momentan noch wenige Leute, die sich nach der Sicherheit fragen: Wenn ich mit dem iPhone meine Fenster und Türen öffnen, meine Spülmaschine einschalten und die Heizung steuern kann: Wer kann das denn dann bitte noch? Wird der Einbrecher der Zukunft noch ein Stemmeisen haben oder ein Smartphone mit einer Software für Kriminelle, die man nicht so ohne weiteres im App-Store kriegt, die aber dennoch vorhanden ist?
Diese Frage stellt sich auch im großen: Es gibt tolle Zukunftsvisionen, bei denen der Fahrdienstleiter hunderte Kilometer weit weg sein kann, die räumliche Komponente spielt keine Rolle mehr. Nun gibt es auch bei „konventionellen“ ESTW die Möglichkeit der Fernsteuerung aus Betriebszentralen, aber in Zukunft braucht man vor Ort nicht mal mehr betriebliche Anlagen. Alles läuft digital und der Kollege Computer erledigt das.
Der Eisenbahner wird mehr und mehr zum Überwacher. Der Zug fordert sich selbst seine Fahrstraße an, der Computer entscheidet, wer im Zweifel warten muss und der Lokomotivführer passt bestenfalls auf, dass nichts passiert. Auch der Fahrdienstleiter muss nur noch im Notfall eingreifen, weil alles automatisch, digital und über das für einige noch immer für Neuland gehaltene Internet läuft.
Doch so wie es bis heute einige gibt, die das Internet für irgendwas abstraktes halten, so denken nicht wenige, dass das Thema Cyberkriminalität übertrieben sei, es würde bestenfalls andere betreffen und überhaupt, wer solle schon ein Interesse daran haben, den ganzen Eisenbahnverkehr lahmzulegen, Züge zum Stoppen zu bringen oder Stellwerke zu sabotieren.
Nun die Frage ist leicht beantwortet: Zuerst dürften es wohl Erpresser sein, die sagen, dass sie zwei Millionen Euro haben wollen oder rund um Wuppertal fährt bis auf weiteres kein Zug mehr. Erinnern Sie sich, dass das Stellwerk in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz für längere Zeit außer Betrieb war, weil die Fahrdienstleiter krank oder im Urlaub waren? Das war damals sehr ärgerlich, aber man stelle sich einmal vor, Kriminelle legen ein solches Stellwerk lahm.
Und was ist, wenn man statt Lösegelderpressern plötzlich Kriminelle hat, denen es auf die Zerstörung an sich ankommt? Extremisten und auch Terroristen, die die Infrastruktur unseres Staates angreifen wollen, werden sich natürlich auch mit Eisenbahnlinien auseinandersetzen und Sicherheitslücken ausnutzen. Es ist daher jetzt an der Zeit, umfassende Sicherheitsprogramme aufzulegen und damit im Vorfeld dafür zu sorgen, dass Verbrecher und Kriminelle keine Chance haben, ihre Machenschaften zulasten der Eisenbahn und der Menschen, die drauf angewiesen sind, auszuführen.
Es ist bei der Infrastruktur Sache der DB AG, dies sicherzustellen, aber auch jedes einzelne im Markt aktive Eisenbahnverkehrsunternehmen ist gefordert, hier frühzeitig die Weichen zu stellen und sich zu schützen. Damit das abstraktive Problem der Cyberkriminalität auch abstrakt bleibt und damit wir nicht eines Tages das dicke Ende und das böse Erwachen erleben.
Siehe auch: TÜV Nord: Mehr IT-Sicherheit bei Digitalisierung
Foto: ItNeverEnds