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SPFV-Gesetz statt DB-Kapitalerhöhungen

07.12.20 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Formaljuristisch ist der SPFV vollständig eigenwirtschaftlich und unterliegt keinerlei politischer Kontrolle. Wenn also das Bundesunternehmen DB Fernverkehr AG sagt, dass man ab dem nächsten Fahrplanwechsel nicht mehr zwischen Berlin und Hamburg oder Frankfurt und Köln fährt, weil es sich nicht mehr lohnt, dann kann erstmal niemand was machen. Möglicherweise kann der Bund Einfluss nehmen, weil das Unternehmen zum bundeseigenen Konzern DB AG gehört.

Aber das hat man bislang im Grunde immer abgelehnt. Ob unter Kohl, Schröder oder Merkel, Konsens war immer mehr oder weniger, dass die Bahn machen soll, was sie will. Man kann es politisches Desinteresse nennen und vielleicht hat das auch die Konzernstruktur über die letzten Jahrzehnte gerettet: Weil es doch soviel einfacher ist, wenn die DB AG ihr Ding macht und die Politik sich nicht kümmern muss.

Tatsächlich hat man über Jahre hinweg jedes Frühjahr bekanntgegeben, welche SPFV-Leistungen wegen fehlender Wirtschaftlichkeit im kommenden Dezember eingestellt werden müssen. Der eine oder andere hilflose Bürgermeister oder Wahlkreisabgeordnete hat dann versucht zu intervenieren – in der Regel ohne Erfolg.

Seit nunmehr zehn Jahren gibt es ein anderes, unbürokratisches und ideologiefreies Modell, bei dem der Aufgabenträger Geld zahlt und im Gegenzug lassen sich Fernzüge mit Nahverkehrsfahrscheinen benutzen. Das ist zwar zumindest un-terinstanzlich bereits mehrfach von Vergabekammern gekippt worden, aber das Modell liegt auf dem Tisch und wird nicht selten angewandt, ohne beklagt zu werden, wie etwa von Bremen an die Nordsee.

Aber ob man nun volkswirtschaftlich sinnvolle Züge einfach einstellt, ob man sie aus Regionalisierungsgeldern alimentiert oder ob man unter Einhaltung des Vergaberechts Ersatzleistungen ausschreibt: Eisenbahnleistungen sind in der Regel nicht auskömmlich aus den Fahrgelderträgen finanzierbar. Das belegt sowohl die Tatsache, dass man von einem flächendeckenden Deutschlandtakt nicht reden kann als auch die Versuche der DB AG, sich den SPFV aus Regionalisierungsgeldern alimentieren zu lassen.

Nun kommt ein drittes Modell hinzu, das Vergaberecht zu umgehen: Man vereinbart bestimmte Zugleistungen und im Gegenzug zahlt der Bund eine jährliche Kapitalerhöhung. Ob das vor europäischen, aber auch vor nationalen Gerichten in Deutschland standhält, muss man abwarten. Politisch kann man es keinesfalls akzeptieren und zwar aus den Gründen, die wir schon bei anderweitigen Versuchen, der SPFV-Alimentierung über Umwege haben: Wer ist bei Schlechtleistungen zuständig oder bei Zugausfällen, die durch DB Fernverkehr zu verantworten sind? Niemand!

All die Vorteile, die die Aufgabenträgerschaft mit sich bringt, sind nicht mehr da. Deshalb muss der Bund hier das tun, wozu er nach Artikel 87e des Grundgesetzes verpflichtet ist: Ein SPFV-Gesetz erlassen und darin regeln, wie die Eisenbahnleistungen auszuschreiben sind und einen bundesweiten Aufgabenträger nach dem Vorbild des SPNV einrichten.

Siehe auch: Mofair fordert SPFV-Notvergabe

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