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Manchmal muss man klotzen statt kleckern

09.07.20 (Hessen, Kommentar, Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

In der letzten Woche hat man in der Bundespolitik einmal mehr einen großen Masterplan vorgestellt, dass jetzt alles besser wird, diesmal wirklich und echt mit ganz viel neuer Ernsthaftigkeit, starker Schiene und Deutschlandtakt. Dabei ist es an der Politik vor Ort, solche Schlagworte mit Leben zu füllen und das macht man in Frankfurt am Main schon lange. Man muss sich Gedanken machen, wie sich das Verkehrsaufkommen entwickelt und wie werden die Verkehrsströme in fünf oder zehn Jahren sein.

Das ist keine Glaskugelei, sondern man kann anhand der Planungen von Wohn- und Gewerbegebieten sehr wohl Rückschlüsse darüber ziehen, wie sich die Fahrgastströme entwickeln werden. Gleichzeitig besteht die Möglichkeit, neue Wohngebiete attraktiver zu machen, wenn man einen Straßenbahn- oder S-Bahnanschluss hat. Hier braucht es eine integrierte Gesamtverkehrsplanung aus einem Guss, wo der Rhein-Main-Verkehrsverbund für den SPNV ebenso seinen Teil beiträgt wie TraffiQ für den kommunalen Verkehr und die anliegenden Städte für die Verlängerung auf ihrer Seite.

Zum klassischen Speckgürtel einer Stadt wie Frankfurt gehören nun einmal auch die umliegenden Mittelstädte. Viele dieser Städte sind reine Schlafstädte, die eben nicht autark funktionieren, sondern die in direkter Abhängigkeit zu einem Oberzentrum stehen. Entsprechend muss man sich vorbereiten, denn der Status Quo ist natürlich nicht festgeschrieben, sondern mit der Wirtschaft wächst auch das Verkehrsaufkommen.

Das heißt aber auch, dass man sich auf den Hauptachsen in der Stadt Gedanken um mehr Angebot machen muss: Etwa indem man den Takt auf manchen U-Bahnlinien weiter verdichtet und wenn nötig dafür die Infrastruktur ertüchtigt. Was spricht bei entsprechendem Bedarf gegen einen Zwei-Minuten-Takt auf bestimmten Hauptachsen? Im Hinblick auf den Busverkehr dürfen auch Doppelgelenkbusse oder Busanhänger kein Denkverbot sein.

Solche Konzepte liegen weitgehend in den Schubladen und die Großstädte unserer Republik haben eine solche Nachfrage, dass die Hersteller auch bereit wären, in die Produktion einzusteigen. Bei der U-Bahn sollte man, falls es möglich ist, über längere Gefäßgrößen nachdenken. Hier ist tatsächlich die Länge der Stationen im Untergrund ausschlaggebend, die Infrastruktur gibt also vor, welche Gefäßgrößen möglich sind.

Doch wenn man noch einige Meter Platz hat, warum sollte man nicht gezielt auch längere Züge ordern? So gesehen hat die Corona-Krise jetzt auch einen Vorteil, sie gibt uns allen nämlich die Gelegenheit durchzuatmen. Das Fahrgastaufkommen sinkt und man wird das Niveau von 2019 erst in einigen Jahren wieder erreichen.

Dennoch geht der Trend weiter nach oben und es gilt, sich vorzubereiten und die Atempause zu nutzen. Eins sollte man aber nicht tun, nirgendwo: Es wäre falsch anzunehmen, dass sich unsere Welt grundsätzlich ändern und die Menschen weniger mobil sein würden. Auch nach Corona wird es wieder voller werden und die Menschen wollen von A nach B. Machen wir uns fit für die Zukunft.

Siehe auch: FFM: Nahverkehrsplan 2025+ in der Planung

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