Das kann was werden
13.07.20 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld
Schon seit Ewig und drei Tagen veröffentlicht die Allianz pro Schiene ihre Broschüre „Stadt, Land, Schiene“, die auch in unregelmäßigen Abständen aktualisiert wird. Die dort exemplarisch genannten Beispiele zeigen, dass Reaktivierungen und Leistungsausweitungen sehr erfolgreich sein können. Man erreicht Menschen, die bislang auf das Auto angewiesen waren und kann sie oft schnell und bequem im Takt zur Arbeit bringen.
Die Düsseldorfer Regiobahn ist so ein Beispiel, wo selbst die kühnsten Erwartungen der 1990er Jahren noch übertroffen worden sind – die Verlängerungen im Osten wie im Westen bringen zudem weiteres Potential, sodass das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht ist. Man sollte sich also in der Tat, zumindest wenn es um betriebliche Dinge geht, auf die Umsetzung konzentrieren.
Dieter Ludwig, dem Erfinder des Karlsruher Modells wird der Satz zugeschrieben, dass ihm die Bundesbahner der 1980er und 1990er Jahre für jede Lösung, die er erarbeitet habe, umgehend neue Probleme präsentiert haben. Und wenn sich so manche Diskussion über Leistungsausweitungen, Angebotsverbesserungen und vieles mehr einmal so vor Augen führt, dann stellt man sehr schnell fest, dass da was dran sein muss: Nicht selten neigen Eisenbahner in meinem subjektiven Empfinden dazu, Gründe zu suchen, warum etwas nicht geht, statt Lösungen, dass man es eben doch machen kann.
Gleichzeitig blühen Kleinstädte plötzlich auf, wenn man sie an die Schiene anschließt: Menschen lassen sich in Orten mit hoher Lebensqualität gerne nieder, wenn sie verlässlich in die nächstgrößere Stadt kommen: Im Takt, auch zur Tagesrandlage und natürlich, bei Bedarf, mit einer guten Anbindung an den kommunalen Busverkehr. In vielen Ländern hat man hier mit dem Konzept Plusbus bereits den richtigen Weg gefunden.
Kein Planungsamt lässt sich vom SPNV-Aufgabenträger vorschreiben, wie man die Busse fahren lassen soll. Jeder, oder sagen wir fast jeder Dorfschulze wird sich eine solche Einmischung verbitten. Wenn wir aber die Möglichkeit haben, Titel wie den Plusbusses zu vergeben und an Bedingungen zu knüpfen, dann sieht die Welt anders aus. Dann wollen Bürgermeister und Landräte diesen nämlich haben um sich damit zu brüsten, dass sich auch die Plusanforderungen erfüllen und nicht nur nach Lust und Laune rumfahren.
Auch das gehört zum Deutschlandtakt und das gehört zur Erfolgsgeschichte der Eisenbahnreaktivierungen. Überhaupt muss man die betroffenen Kommunen mit ins Boot holen, um Erfolg zu haben. Das gilt im Personenverkehr ebenso wie im Güterverkehr: Denn reaktivierte Eisenbahnstrecken lassen sich auch nutzen, um vor Ort Gleisanschlüsse für die Betriebe zu realisieren.
Ein geringfügiger Güterverkehr auf reaktivierten Strecken kann daher so manche Lastwagenfahrt sparen. Es ist wichtig, dass man das bei den notwendigen Kosten-Nutzen-Bewertungen berücksichtigt. Die Schiene hat viel Potential und wenn man die vollen Kosten berechnet, muss man auch den vollen Nutzen gegenüberstellen. Und dann kann es was werden.
Siehe auch: Verbände erweitern Reaktivierungsvorschläge