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Marktwirtschaft gestalten

18.11.19 (Allgemein) Autor:Stefan Hennigfeld

Während das Ruhrgebiet seit Jahrzehnten mit Deindustrialisierung zu kämpfen hat, ist es eine gute Nachricht, dass Stadler nun auf einem ehemaligen Steinkohleareal investiert und langfristige Arbeitsplätze in der Fahrzeuginstandhaltung anbietet. Aber auch die bisherigen Mitarbeiter im Instandhaltungsbereich gehen nicht leer aus, denn durch das andere S-Bahnlos, dessen Züge bei DB Regio in Essen beheimatet sind, wird auch hier langfristig die Zukunft gesichert.

Und dann darf man gespannt sein, ob sich die bereits im Zusammenhang mit der RRX-Ausschreibung diskutierten Horrorszenarien bewahrheiten: Beständige Machtkämpfe zwischen Betreiber und Instandhalter wurden dort vorausgesagt. Ein Vertreter von DB Regio kündigte im Zughalt-Interview an, dass es möglich sei, Züge wochenlang zu irgendwelchen Beweissicherungszwecken stehen lassen zu müssen, weil sich Verkehrs- und Wartungsunternehmen nicht einigen können, wer welchen Schaden verursacht hat. Ein Blick etwa nach Großbritannien zeigt, dass das mitnichten der Fall ist.

Und auch wenn DB Regio seinerzeit – verständlicherweise – für den Erhalt der eigenen Pfründe gekämpft hat, so ist das Unternehmen jetzt angekommen in der Marktrealität der neuen, besseren Eisenbahn. DB Regio macht die Instandhaltung für den VRR bei einem der beiden S-Bahnlose und hat einen weiteren Instandhaltungsauftrag von National Express erhalten – hier läuft seit nunmehr vier Jahren alles rund.

Die Fahrgäste indes dürfen sich sich auf eine runderneuerte S-Bahn freuen: Neue Züge in einem Los, überarbeitete Bestandszüge im anderen Los, dazu kommen in den vor Jahren separat vergebenen Linien S 5 und S 8 nach wie vor relativ neue Züge. Die Zeiten, in denen x-Wagen mit Ekelfaktor durch die Gegend gefahren sind, sind lange vorbei. Und wenn wir mal die Entwicklung der letzten zwölf Jahre ansehen, von November 2007 bis heute, dann muss man attestieren, dass die Gesamtqualität erheblich gestiegen ist.

Ich hätte es damals für völlig unmöglich gehalten, dass die seinerzeit grassierenden Qualitätsprobleme der S-Bahn im Ruhrgebiet so gut gelöst werden und dass es solche Sprünge geben würde. Und das ist ein Erfolg der Eisenbahnpolitik vor Ort: DB Regio kam aus den Überresten der alten Bundesbahn, die am Ende ihrer Existenz komplett fix und alle war und auf den Trümmern ihrer jahrzehntelangen Misswirtschaft gesessen hat.

Was man dort erreicht hat, auf vielen Ebenen, ist wirklich beeindruckend: DB Regio hat die marktwirtschaftliche Herausforderung angenommen, die Hersteller sind neu ins Instandhaltungsgeschäft eingestiegen und viele neue Unternehmen – ob privat oder Tochtergesellschaften europäischer Staatseisenbahnen – tragen aktiv dazu bei, dass die Schienenwelt bunter wird.

Das ist die Grundlage für den eisenbahnpolitischen Erfolg, den wir uns alle so wünschen. Mit jetzt steigenden Regionalisierungsgeldern und einem endlich erwachten Bewusstsein, dass der Modal Split die wichtigste aller zu bewertenden Zahlen ist, sind die Grundlagen für die Verkehrswende geschaffen.

Siehe auch: Stadler und VRR eröffnen Werkstatt in Herne

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