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Köln Hbf: Und jetzt?

08.01.16 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Ja, es gibt Straftaten im öffentlichen Raum und auch an Bahnhöfen, Bahnsteigen oder in Zügen. Was sich aber Silvester in Köln bzw. am dortigen Hauptbahnhof ereignet hat, zeugt von einer bislang völlig unvorstellbaren kriminellen Energie. Wenn eine Horde aus mehreren hundert oder vielleicht sogar tausend Männern über sechzig oder achtzig Frauen herfällt, dann sagt ein Polizeikommissar im Kölner Express zurecht, dass das eine Massenvergewaltigung ist.

Also genau das, was wir nur aus Berichten über Indien kennen. Aber das war weder Kalkutta noch Bombay, sondern der Kölner Hauptbahnhof. Und was ist passiert? Die ersten Tage überhaupt nichts. Weder die Kölner Oberbürgermeisterin Frau Reker (parteilos) noch die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Frau Kraft (SPD) haben sich in irgendeiner Form geäußert und die überregionale Presse blieb ebenfalls verdächtig lange still.

Erst als der Druck in den sozialen Netzwerken größer wurde, fing die Berichterstattung und damit auch die politische Reaktion an. Besonders skurril ist dabei eine Twitter-Botschaft des ZDF mit der Frage, ob man berichten soll. Ja geht es noch? Noch absurder sind Äußerungen des Bundesjustizministers Herrn Maas (SPD), der ankündigte, dass die Strafverfolgungsbehörden sich der Sache annehmen. Das braucht niemand extra anzuordnen, das ist so oder so deren Pflicht.

Nur: Was soll jetzt passieren? Wie kann man verhindern, dass eine blaubraune Rechts- und Gruselalternative oder selbsternannte Verteidiger des Abendlandes hier ihre politischen Profite schlagen? Die Aufstellung von Verhaltenskatalogen für Mädchen und junge Frauen sind jedenfalls keine Lösung. Es braucht stattdessen einen Masterplan gegen Gewalt in öffentlichen Verkehrsmitteln, bei deren Erstellung sich alle beteiligen müssen: Die Aufgabenträger, die Sicherheitsdienstleister, die Verkehrsunternehmen, aber auch die Bundes- und Ortspolizei.

Denn: Wenn schon auf einem der am stärksten frequentierten Bahnhöfe Deutschlands so etwas passiert, wie sieht es dann auf schlecht beleuchteten Bahnsteigen aus, auf denen abends kaum jemand ist? Ja, es gibt Kriminalität im ÖPNV und da nutzt es auch nichts, wenn immer wieder Statistiken vorgelegt werden, die zeigen, dass es angeblich alles gar nicht so schlimm sei.

Aber: Wenn zumindest ein Teil des Täterkreises seit Jahren polizeibekannt ist und die Männer Banden angehören, die schon lange rund um den Kölner Hauptbahnhof Rauschgift verkaufen und Taschendiebstähle begehen, so muss man sich fragen, wieso es nicht gelungen ist, solchen kriminellen Vereinigungen das Handwerk zu legen.

Deswegen braucht es für die großen und kleinen Bahnhöfe, für die vollen S-Bahnen und leeren Spätzüge Lösungen, die darüber hinausgehen, dass man sich gegenseitig bestätigt, dass alles toll sei. Das muss auch sehr schnell gehen, denn unmittelbar nach der Neujahrsnacht fängt die Karnevalssession an. Da braucht es mehr als von Frau Reker angeordnete Mindestabstände.

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