Eisenbahnjournal Zughalt.de

Nachrichten über Eisenbahn und öffentlichen Verkehr

Intuitiver Zugang und Tarifgerechtigkeit

19.05.14 (Kommentar, VRR) Autor:Stefan Hennigfeld

Wenn ich von Witten nach Köln fahre, lassen wir den Fernverkehr ganz außen vor und betrachten nur den Regionalverkehr, dann spuckt die Fahrplanauskunft der Deutschen Bahn zwei unterschiedliche Preise aus, je nachdem, ob ich über Essen und Düsseldorf oder über Wuppertal und Solingen fahren möchte. Darüber kann man lang und breit diskutieren. Das Risiko tritt ein, wenn der Gelegenheitsfahrer „versehentlich“ den falschen Fahrschein kauft und dann plötzlich Schwarzfahrer ist, weil er zwar zwischen Start- und Zielpunkt, nicht jedoch auf der dafür vorgesehenen Strecke unterwegs ist.

Das hat etwas mit zu tun mit dem fehlenden intuitiven Zugang, mit Barrieren für Wenigfahrer, die man dringend abbauen muss, auch um den bundesweit im Durchschnitt noch immer auf konstant niedrigem Niveau verharrenden Anteil der Eisenbahn am Modal Split zu verbessern. Der Ansatz, dass man einfach einsteigt, erfasst wird und beim ausstiegen dann die Uhr aufhört zu ticken, ist da sehr vernünftig. Soll es dafür ein zusätzliches Tarifsystem geben oder sollen die bisherigen Preisstufen beibehalten werden? Wenn ich von Witten nach Düsseldorf fahre, dann ist es egal, ob über Essen oder Wuppertal, es gilt stets derselbe Tarif. Der aktuelle VRR-Tarif ist transparenter, aber weniger gerecht als der NRW-Tarif. Es gilt stets, aus beidem einen Kompromiss zu finden. Der Tarif ist immer entweder transparent oder gerecht.

Ein Beispiel gefällig? Die Stadt München ist aufgeteilt in eine ganze Reihe an Tarifringen. Wenn man einen durchfährt, wird die Fahrt immer teurer und teurer. Wer vier Stationen in der U-Bahn bleibt fährt billiger als der, der acht Stationen zurücklegt und der mit den zwölf zahlt am meisten. Doch ein solches System hat so viele Tücken, einen Tarif dieser Art irgendwo in Deutschland neu zu implementieren wäre wohl politisch nie im Leben durchsetzbar, denn dem Laien vermittelbar ist sowas nicht. Wieder andere Regionen in Deutschland haben die Hoffnung auf intuitiven Fahrscheinkauf aufgegeben und veranstalten statt dessen VHS-Seminare, wie man richtig mit Bus und Bahn fährt. Dass es doch eine ganze Reihe an Branchenakteuren gibt, die diese Loriot´sche Realsatire auch noch für einen Fortschritt halten, zeigt dass der gesamte ÖV-Sektor von den Endkunden noch immer viel zu weit entfernt ist. Das obwohl wenn der unschöne Begriff Beförderungsfall durch die nicht viel bessere Vokabel Nutzer ersetzt worden ist.

Doch mit einem funktionierenden System von Check In und Check Out bei automatischer Abrechnung, idealerweise nach dem Bestpreisprinzip, kann man da einiges machen. Der VRR geht hier den richtigen Weg. Welche Tarifierung sich am Ende durchsetzt und ob das Tarifsystem von A1/A2, B, C, D und E, das sich über die Zeit aufeinander aufgebaut hat, doch bleibt, ist eine andere Frage. Das ist im Moment auch gar nicht so wichtig. Wichtig ist aber, dass es einfacher wird, dass man einsteigen und losfahren kann: Genau das kann der Autofahrer nämlich auch. Entgegen den Bodenhansa-Ideologien früherer DB-Vorstände ist und bleibt das Auto Hauptkonkurrent der Schiene und dem muss man sich stellen.

Kommentare sind geschlossen.