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Branche bereit für Corona-Neustart

16.04.20 (Verkehrspolitik) Autor:Stefan Hennigfeld

Die Corona-Krise stellt die Verkehrsbranche vor enorme Herausforderungen. Innerhalb kürzester Zeit musste auf die reduzierten Personalverfügbarkeiten insbesondere bei Fahr- und Zugbegleitpersonalen reagiert und Fahrpläne umgestellt sowie Hygienevorschriften ausgeweitet werden. Um in dieser Situation vor allem die Pendler in systemrelevanten Berufen dennoch verlässlich zu befördern, haben die Aufgabenträger des SPNV mit den Verkehrsunternehmen ein angepasstes Fahrplankonzept abgestimmt.

Sollten Bund und Länder entscheiden, dass das gesellschaftliche Leben über die Lockerung der Ausgangsbeschränkungen allmählich wieder normalisiert wird, ist aus Sicht der Verkehrsunternehmen ein schrittweises Vorgehen und eine frühzeitige Abstimmung notwendig, damit bei Bus und Bahn rechtzeitig notwendige Vorbereitungen für den betrieblichen Hochlauf getroffen werden können.

Oliver Wolff, VDV-Hauptgeschäftsführer: „Wenn wir sieben bis vierzehn Tage Vorlauf haben, können wir in den Hauptverkehrszeiten nahezu hundert Prozent Angebot fahren. Damit die Fahrgäste dennoch gewisse Abstände untereinander einhalten können, müssen die politischen Entscheidungsträger die Nachfragespitzen glätten: Der jetzt nahezu gleichzeitige Schul- und Kita-Beginn muss von Fall zu Fall verschoben werden. Die Arbeit von zu Hause und flexible Arbeitszeiten sollten weiter großzügig genutzt werden, um zu dichte Fahrgastansammlungen zu vermeiden. Außerdem sollte in Stoßzeiten auf nicht unbedingt notwendige Fahrten mit den Öffentlichen verzichtet werden.“

Die Vorlaufzeit benötigen die Unternehmen, um Dienst- und Fahrpläne anzupassen und zusätzliche Fahrzeuge einsatzbereit zu machen. Zumindest in der Hauptverkehrszeit können die Unternehmen das Angebot wieder auf hohem Niveau fahren, um die steigende Nachfrage zu bedienen. Die Fahrgäste sind aufgerufen, mehr Zeit einzuplanen und früher oder später als gewohnt zu fahren.

Oliver Wolff: „Es gelten die Hygiene-Empfehlungen der Gesundheitsbehörden und des Robert-Koch-Institutes – ob im Supermarkt, in der Schule oder im Bus. Hygiene betrifft alle Lebensbereiche.“ Seit einigen Wochen wird ein auf die jeweilige Situation vor Ort angepasste zuverlässige Grundangebot gefahren. Dieses entspricht meist mindestens einem erweiterten Wochenend- oder Ferienfahrplan.

Um den Fahrgästen den gebotenen Sicherheitsabstand zu ermöglichen, werden in der Regel die Zuglängen nicht reduziert. Kommt es in den Stoßzeiten doch zu einem erhöhten Fahrgastaufkommen, steuern die Verkehrsunternehmen schnell und unkompliziert in Absprache mit den Aufgabenträgern im Rahmen des Möglichen nach. Neben den organisatorischen Herausforderungen der Fahrplangestaltung bedeutet die Corona-Krise für die Eisenbahnverkehrsunternehmen vor allem erhebliche Liquiditätsprobleme und finanzielle Einbußen durch bis zu neunzig zurückgehende Fahrgeldeinnahmen.

Es ist ein zentrales Anliegen der Aufgabenträger, den Nahverkehr als Teil der systemrelevanten Infrastruktur leistungsfähig halten zu können. Innerhalb weniger Tage haben es die 27 Aufgabenträger in enger Abstimmung mit den Verkehrsunternehmen und dem Bundesverkehrsministerium gemeinsam geschafft, die notwendige Liquidität der Eisenbahnverkehrsunternehmen sicherzustellen.

„Wir bedanken uns ganz besonders bei den Beschäftigten der Eisenbahnverkehrsunternehmen, die gerade in diesen Zeiten mit der Beförderung systemrelevanter Berufsgruppen einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Corona-Krise leisten“, so Frank Zerban, Hauptgeschäftsführer der BAG-SPNV. „Gerade jetzt ist es wichtig, dass die SPNV-Branche zusammensteht und dafür sorgt, dass der Nahverkehr seine Funktion als Daseinsvorsorge auch über das Ende der Corona-Krise sichern kann,“ resümiert Frank Zerban.

Die Verkehrsunternehmen wollen trotz der herausfordernden Rahmenbedingungen eine möglichst reibungslose Wiederaufnahme des vollen Regelbetriebes organisieren. „Zentrale Fragen sind mit dem heutigen Tag allerdings noch ungeklärt. Bund, Länder und Landkreise – sie alle müssen Entscheidungen treffen.

Zudem brauchen wir eine möglichst frühe Information, wann es zu ersten Lockerungen der Beschränkungen kommt – und wir brauchen Vorgaben, um nach Maßgabe der Gesundheitsbehörden das Infektionsrisiko im ÖPNV weiter niedrig zu halten“, so Oliver Wolff. Hier sind jetzt die politischen Entscheidungsgremien vom Bund über die Länder bis in die Kommunen gefordert.

Siehe auch: Die neue Normalität wird kommen

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