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Das war 2022!

19.12.22 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Nach zwei Coronajahren begann am Karnevalswochenende 2022 ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Als erste Reaktion haben die DB AG und der VDV eine Schienenbrücke gestartet, um Hilfsgüter in die Westukraine zu bringen. Sachspenden werden, so sie denn brauchbar sind, abgeholt und zentral über die Schiene dorthin gebracht, wo viele Menschen gerade jetzt im Winter bei Dauerfrost ohne Heizung ausharren müssen.

Auch Deutschland ist in eine Energiekrise und eine Rekordinflation geschlittert. Als Reaktion hat die Bundesregierung im Frühjahr das Neun-Euro-Ticket angekündigt. In wenigen Wochen hat die Branche es geschafft, für die Monate Juni, Juli und August etwas auf die Beine zu stellen, das noch vor einem Jahr völlig undenkbar war. Drei Monate, 92 Kalendertage lang war es möglich, den öffentlichen Nahverkehr zu nutzen zum Preis von insgesamt 27 Euro. Für viele Berufspendler war das eine massive Entlastung, die sie in den Haushaltskassen gespürt haben.

Für viele Urlauber aber war es gerade in den Sommermonaten ein besonderes Vergnügen. Das wiederum hat dazu geführt, dass manch ein anderer Berufspendler auf den Fernverkehr umgestiegen ist, weil der Regionalverkehr, gerade auf bereits stark ausgelasteten Relationen, unbenutzbar zu werden drohte. Dann hat man sich mit der Nachfolgeregelung Zeit gelassen. Wobei: Die Branche hätte bereits zum 1. September liefern können, es war die Politik, die keine Einigung hingekriegt hat.

So hat der VDV die jetzt genannte Regelung bereits frühzeitig vorgeschlagen. Eine Umsetzung auch zum 1. Januar scheiterte, nun soll das neue Deutschlandticket am 1. April oder am 1. Mai kommen. Wie lange es preisstabil bleibt, ist unklar. Möglicherweise kostet es schon 2023 oder 2024 über sechzig Euro und wir wissen nicht, ob die magische Hundert-Euro-Marke schon vor dem Jahr 2030 erreicht werden könnte.

Dabei sollten wir aber nicht vergessen, dass wir noch immer in einer schwerwiegenden Eisenbahnkrise stecken. Man kann auch bei den jetzt erhöhten Regionalisierungsgeldern nicht einfach zusätzliche Züge bestellen, sondern diese bestenfalls in den Fahrplan schreiben; fahren könnten sie mangels Mitarbeitern nicht.

Nächtliche Betriebsruhen wegen fehlender Fahrdienstleiter für die Stellwerke tragen zudem ihren Anteil dabei, dass man gerade den Güterverkehr ausbremst. Denn die Güterzüge brauchen das nächtliche Zeitfenster, wenn sie nicht von Personenzügen ausgebremst werden. Das gilt umso mehr, wenn wir jetzt verstärkt Kohlekraftwerke weiterlaufen lassen oder wieder ans Netz nehmen.

Die Kohlenzüge müssen dann tagsüber fahren, wenn die nächtliche Verfügbarkeit der Strecken nicht sichergestellt ist. Darum hat man sich für den Winter per Rechtsverordnung dazu durchgerungen, Energiezügen per se Vorrang zu gewähren. Das zeigt: Was wäre das Leben ohne die Eisenbahn, diese einmalige Einrichtung menschlichen Wahnsinns? Langweilig wird es im neuen Jahr nicht. In drei Wochen, am 9. Januar 2023 sind wir wieder für Sie da.

Foto: jorono

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