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Die Probleme sind real

24.03.25 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Jenseits der großen Ankündigungen aus den Branchenverbänden sehen wir bei der KVB die bittere Realität: Man ist im Notfahrplan, weil man keine Mitarbeiter findet und selbst massive Personalakquise sorgt bestenfalls dafür, dass das Notniveau gehalten werden kann und man nicht gezwungen ist, noch mehr Leistungen einzustellen oder wegzukürzen. Seit November letzten Jahres hat man den Notfahrplan nochmal verschärfen müssen, damit man überhaupt geregelte Fahrpläne anbieten kann.

Es gibt überhaupt keinen Anlass, dem Unternehmen zu unterstellen, dass die Personalakquise in irgendeiner Form zu umständlich, zu bürokratisch oder gar dysfunktional wäre. Im Gegenteil, mit niederschwelligen Bewerberevents scheint man gut erreichbar zu sein für potentielle Interessenten. Da gibt es im Markt ganz andere Fälle. Natürlich kann man immer irgendwie noch was besser machen, aber im großen und ganzen muss man in Köln wohl attestieren, dass die Personalakquise funktioniert und dass auch die Ausbildungskapazitäten vorhanden sind bzw. weiter ausgebaut werden.

Aber natürlich hat man auch mit der Fluktuation zu kämpfen. Niemand kann verhindern, dass die geburtenstarke Nachkriegsgeneration gerade reihenweise in den Ruhestand geht. Der geburtenstärkste Jahrgang 1964 hat noch einige Jahre, sodass der Höhepunkt der Verrentungswelle noch gar nicht erreicht ist, sondern erst vor uns steht. Umso wichtiger ist, dass man das Personal, das man gefunden hat, auch langfristig an das Unternehmen binden kann.

Aber da ist noch ein anderer Punkt, der bemerkenswert ist: Man spricht offen darüber, dass sich die Lieferung von Stadtbahn-Triebzügen verzögert, weil es den Herstellern an Rohstoffen und Materialien mangelt. Man spricht von knapp drei Jahren Verzögerung und das ist schon heftig und nicht mehr durch irgendwelche geschlossenen Seehäfen in Fernost aufgrund der Corona-Krise zu erklären, sondern mit einer allgemeinen Mangelwirtschaft in Deutschland.

Wenn dazu auch längere Standzeiten bei defekten Bestandsbussen und -schienenfahrzeugen kommt, weil auch hier die Ersatzteilbeschaffung nicht mehr funktioniert, dann zeigt sich doch erst recht, in welche Probleme wir ganz allgemein reinlaufen. Natürlich kann man das versuchen mittel- und langfristig zu kompensieren, indem man wieder selbst mehr Ersatzteile an Lager hat oder dass die verschiedenen Verkehrsunternehmen Einkaufsgenossenschaften bilden, um den Herstellern gegenüber mit einer stärkeren Stimme sprechen zu können.

Denn der Ersatzteilmangel ist ja nicht nur ein Thema des Rollmaterials, das gilt auch für defekte Rolltreppen oder Aufzüge. Hier gilt es in der Branche sich auf geänderte Voraussetzungen einzustellen und sich entsprechend vorzubereiten. Die Zeiten, in denen man die Ersatzteillagerung an die Lieferanten abwälzen konnte, sind vorbei. Man muss wieder eigene Lager betreiben, vielleicht auch gemeinsam mit anderen Unternehmen, und dafür sorgen, dass ein einzelnes nicht lieferbares Ersatzteil für wochen- oder monatelangen Stillstand sorgt.

Siehe auch: KVB stellt Jahresbilanz vor
Foto: Kölner Verkehrsbetriebe AG / Christoph Seelbach

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