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Die Schweiz als Vorbild

03.02.25 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

Während Deutschland seit Jahren in einer schweren Eisenbahnkrise steckt und man von geordneten Verhältnissen auf der Schiene längst nicht mehr sprechen kann, sehen wir in der Schweiz, dass es sehr wohl klappen kann. Das hat natürlich mit einer ausreichenden Finanzierung zu tun, aber eben auch mit einer vernünftigen Organisation, einer Infrastruktur, die nicht nur für den Normalfall, sondern auch für die Besonderheiten ausgelegt ist und besseren Vorbereitungen auf die Jahreszeit.

Ich war Anfang Dezember vorletzten Jahres am Bodensee und während in Konstanz rund um das erste Adventswochenende über Tage hinweg kein einziger Zug gefahren ist, lief ein Stück weiter in Kreuzlingen alles völlig problemlos. Man kann auch bei zehn, zwanzig oder dreißig Zentimetern Schnee in der Schweiz verlässlich mit dem Zug fahren, in Deutschland funktioniert es selbst bei Sonnenschein oft nicht. Man kann wohl ganze Bücher über die Details schreiben, wieso es in der Schweiz besser läuft.

Deutschland hat natürlich eine über weite Strecke stark veraltete Leit- und Sicherungstechnik, Gleiswechselbetrieb ist oft nicht möglich und niemand kann abstreiten, dass die unter Mehdorn in den 2000er Jahren herausgerissenen Überhol- und Ausweichstellen auch heute noch fehlen. Da ist man in der Schweiz von Anfang an einen anderen Weg gegangen. Vielfach wird als Argument genommen, dass die Schweiz ja im Grunde nur ein großes S-Bahnnetz sei und gar nicht vergleichbar mit einem hochkomplexen Netz hierzulande.

Doch stimmt das? Nein, es stimmt nicht mal ansatzweise. Tatsächlich ist der Eisenbahnbetrieb in einem Gebirgsland wie der Schweiz sogar deutlich schwieriger zu organisieren. Aber man hat sich frühzeitig für einen effektiven Taktfahrplan entschieden, der im Zweifel die Verlässlichkeit vor die Schnelligkeit stellt. Es nutzt nur wenig, wenn ein Zug zwischen Frankfurt und Köln mit 300 Kilometern pro Stunde rasen kann, wenn er in Köln-Porz in den übrigen Verkehr eingeschliffen wird und die Hohenzollernbrücke vor dem Kölner Hauptbahnhof dann nur sehr langsam befahren kann, wenn er immer wieder zum Stehen kommt und so die Zeit vertrödelt, die man zuvor im Westerwald auf der Achterbahn gespart hat.

Wenn wir also schon von Köln sprechen, dann ist die dortige Knotenplanung genau richtig: Es gibt nicht die eine zentrale Lösung für die Probleme, sondern man muss in den einzelnen Knoten die Flaschenhälse aufweiten, man muss durch zusätzliche Weichen mehr Leistung ins Netz bringen, man muss die Fahrgeschwindigkeiten in den Gleisvorfeldern erhöhen und vieles mehr. Vor allem aber hat die Schweiz natürlich auch den Vorteil, dass sie besonders attraktive Arbeitsplätze anbietet.

Es wird wohl kaum ein Schweizer Fahrdienstleiter bereit sein, zur DB AG zu wechseln, umgekehrt gibt es aber sehr wohl schwäbische Eisenbahner, die sich für den Gang in die Schweiz entscheiden. Deshalb kann die Schweiz uns auch in den kommenden Jahren immer wieder zeigen, wie man eine gute verlässliche Eisenbahn betreibt.

Siehe auch: SBB mit Rekordpünktlichkeit 2024
Foto: hpgruesen

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