Verlässlichkeit sicherstellen, soweit möglich
16.12.24 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Wenn man das Fahrplanangebot reduzieren muss, weil nicht genügend Mitarbeiter da sind, dann gibt es regelmäßig ein Hauen und Stechen, wo das denn passieren soll. Jeder sieht ein, dass man irgendwo kürzen muss, aber doch bitte nicht beim eigenen Kirchturm. Das kann man in der Nachbarstadt viel besser, wir brauchen den Halbstundentakt auf der S-Bahn, die Spätverbindung in Landeshauptstadt und vieles mehr doch so dringend.
Das Problem ist nicht nur, dass man irgendwo den Rotstift ansetzen muss, sondern auch dass man bei der Mangelverwaltung nicht unbedingt die Wahl hat. Es kann nämlich durchaus sein, dass es in der Einsatzstelle A noch genügend Mitarbeiter gibt, in der Einsatzstelle B aber deutlich zu wenig. Das heißt, dass dann Leistungen reduziert werden müssen, die aus Einsatzstelle B gefahren werden, obwohl diese vielleicht durch die Fahrgäste stärker nachgefragt werden als die Züge, deren Fahrten aus der Einsatzstelle A mit Personal versorgt werden.
Es kann auch im Laufe eines langen Jahres zu Veränderungen kommen: Lokomotivführer schließen ihre Ausbildung ab und sitzen dann auf den Zügen, während anderweitig Leute in den Ruhestand wechseln oder sich nach einem überschaubaren Zeitraum beruflich erneut umorientieren und die Eisenbahn wieder verlassen. Diese Verwaltung dieser Mangelwirtschaft macht niemandem Spaß, aber sie ist notwendig, um das völlige Chaos zu verhindern. Denn niemand kann wollen, dass Berufspendler, die verlässlich zur Arbeit müssen, morgens am Bahnsteig stehen und dann fällt der Zug kurzfristig aus, der nächste kommt dann in einer Stunde.
Wichtig ist aber auch, dass die Aufgabenträger ihre reduzierten Fahrpläne mit DB InfraGo absprechen. Denn wenn man früher Betriebsschluss hat, dann kann man auch Stellwerke geplant ohne Besetzung lassen, damit dieser Notfahrplan nicht noch dadurch durcheinandergewirbelt wird, weil kurzfristig irgendeine Fahrdienstleiterschicht nicht besetzt werden kann und ein Stellwerk leersteht. Hier spielen natürlich verschiedene Interessen eine Rolle, denn die Eisenbahn wird nicht nur durch den Personenverkehr genutzt.
Auch der Güterverkehr hat berechtigte Interessen an einer funktionierenden Eisenbahninfrastruktur und gerade dieser auf die Nachtstunden angewiesen, weil er da nicht durch bevorrechtigte Personenzüge ausgebremst wird, sodass es auch hier abzuwägen gilt, wann man Stellwerke besetzt und wann nicht, wobei man auch hier die Fahrdienstleiter nicht nach Lust und Laune verschieben kann: Es ist durchaus möglich, dass es für ein Stellwerk genügend Fahrdienstleiter gibt, aber einen oder zwei Bahnhöfe weiter hat man viel zu wenige.
Dann bildet man neue Leute aus, aber die Fluktuation schlägt zu und schon hat man wieder den alten Status Quo. Man kann bei der Fluktuation Durchschnittswerte berechnen, aber die sagen nichts aus über die konkrete Situation an einer einzelnen Betriebsstelle. So kann man also nur das beste hoffen, dass der Notfahrplan von allen Seiten halbwegs verlässlich eingehalten werden kann.
Siehe auch Notfahrplan in Nordrhein-Westfalen
Foto: Verkehrsverbund Rhein-Ruhr AöR