Die ganzheitliche Planung erweitern
21.11.24 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld
Das gute ist: Die DB AG kann nicht einfach Nahverkehrsleistungen streichen. So ein wenig kommt bei einer solchen Debatte der Eindruck hoch, dass manch einer auch nach dreißig Jahren Eisenbahnreform und Regionalisierung das Bestellerprinzip des Nahverkehrs noch immer nicht verstanden hat: Es ist nicht mehr „die Bundesbahn“, die in irgendeinem intransparenten Prozess entscheidet, welche Strecke morgen stillgelegt wird, sondern es sind Aufgabenträger, die den Nahverkehr bestellen – bei DB Regio oder bei einem anderen Unternehmen.
Hierfür muss es natürlich ausreichend Streckenkapazitäten geben und wenn das nicht mehr der Fall ist, dann muss man gemeinsam mit der Bundesnetzagentur als Schiedsrichter zu Lösungen kommen. Allerdings muss man natürlich auch gucken, wo man die Planungen für die Entlastung des Knotens Köln noch verbessern kann.
Es gibt zwar sehr gute Projektplanungen im Zusammenhang mit der Eisenbahn, aber was völlig fehlt ist ein mögliches Zusammenspiel mit der Kölner Stadtbahn: Wenn es gelingt, relevante Pendlerzahlen, die in die Kölner Innenstadt wollen, gar nicht durch den Hauptbahnhof zu führen, sondern sie bereits in Köln-Süd oder Köln-Mülheim auf die Stadtbahn zu bringen, könnte schon einiges gewonnen sein.
Man darf die Eisenbahninfrastruktur rund um Köln nicht nur über die Anlagen der DB AG definieren, sondern die kommunale Schieneninfrastruktur der Kölner Verkehrsbetriebe ist ebenso zu berücksichtigen, gerade auch weil der Kölner Hauptbahnhof selbst gemessen am Verkehrsaufkommen viel zu klein ist und auch nicht vergrößert werden kann. Hier hat man Potentiale zur Verbesserung bislang noch nicht erschlossen und das sollte man tun.
Ob nun wirklich Ausbau- oder Digitalisierungsmaßnahmen gestoppt werden, ist sicher eine andere Frage. Die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen sind langfristig geschlossen und stellen Rechtsverpflichtungen des Bundes dar. Es bedarf also keines gültigen Haushaltsgesetzes, um diese zu erfüllen, sondern das geschieht bereits im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung.
Konkrete Finanzierungsvereinbarungen, etwa zum Bau digitaler Stellwerke, zur Ertüchtigung von Bahnhöfen oder Eisenbahnstrecken, sind ebenfalls solche Rechtsverpflichtungen. Sofern es diese aber noch nicht gibt, können sie aktuell auch nicht getroffen werden, sondern frühestens wenn eine neue Bundesregierung sich auf einen Haushalt für 2025 einigt.
Wir haben in diesem Jahr gesehen, dass es mit der Förderung von Elektrobussen erhebliche Schwierigkeiten gibt, wenn der Haushalt nicht steht. Das eine oder andere Unternehmen beschafft deshalb wieder Dieselbusse oder stellt Investitionen in die Ladeinfrastruktur zurück. Ähnliche Auswirkungen drohen auch bei der Eisenbahn: Solange es keine gültigen Finanzierungsvereinbarungen gibt, ist keine Beauftragung von Bauunternehmen möglich. Wenn man also ernsthaft die Eisenbahn stärken will, braucht man Verlässlichkeit, die über eine einzelne geplatzte Bundesregierung hinausgeht.
Siehe auch: Diskussionen um den Knoten Köln
Foto: Didgeman