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Verkehr erhalten statt einstellen

24.10.24 (Kommentar) Autor:Stefan Hennigfeld

„Das Stellwerk ist kaputt, wir können bis auf weiteres nicht mehr fahren“. Es ist so einfach und schon rollt kein Rad mehr. Natürlich gibt es bestehende gesetzliche Bestimmungen, dass die DB InfraGo eben nicht einfach Strecken oder auch nur einzelne Streckengleise vom Netz nehmen kann. Wenn man dann aber mit einem Defekt argumentiert, stehen der Aufgabenträger und auch der Landesverkehrsminister komplett machtlos da und können überhaupt nichts ausrichten. Man hat eine insgesamt verfallende Infrastruktur nicht ausreichend instandgehalten, jetzt muss das Angebot auf der Schiene reduziert werden.

Wenn man über direkte Durchgriffsrechte durch die Aufgabenträger oder auch durch Landesbehörden spricht, dann heißt es aus dem DB-Konzern und den nahestehenden Institutionen immer, dass man sowas ja gar nicht mehr bräuchte. „Unter Mehdorn“ habe die DB AG vielleicht Gesetzeslücken auf unschöne Art und Weise genutzt, aber jetzt seien doch alle ehrlich und lieb zueinander. Wir sehen aber, dass das scheinbar nicht so. Selbst wenn wir davon ausgehen, dass das defekte Stellwerk in Oberstdorf wirklich nur deshalb verfallen ist, weil die Verantwortlichen den Zustand ihrer eigenen Anlagen nicht im Griff haben.

Dazu kommt der massive Raubbau an der Infrastruktur in den letzten Jahrzehnten, insbesondere tatsächlich unter der Ägide von Hartmut Mehdorn. Nach dem Kabelbrand in Oberstdorf gibt es zwischen Sonthofen und Oberstdorf nur noch eine mögliche Stichstreckenfahrt pro Stunde, die dann dem Nahverkehr vorbehalten ist. Und weil im Allgäu eben keine andere Möglichkeit mehr besteht, einen Fernzug über Nacht anderweitig abzustellen, muss halt die Fahrt nicht nur auf dem letzten Abschnitt ausfallen.

Auch hier: Man muss politisch dafür sorgen, dass das Eisenbahnnetz nach Leistungsfähigkeit auf- und ausgebaut wird. Dass es eben auch solche Abstell-, Überhol- und Ausweichgleise gibt, wenn sie im Regelbetrieb nicht gebraucht werden, wohl aber bei Verspätungen oder gar technischen Defekten an der Leit- und Sicherungstechnik.

Jetzt fordert Bayerns Verkehrsminister ein „Notstellwerk“, was auch immer das sein mag. Aber ist es denn wirklich unumgänglich wegen eines Kabelschadens auf Jahre bestimmte Zugfahrten nicht leisten zu können? Gibt es wirklich keine Optionen mit einer zugelassenen Behelfstechnik den Verkehr leistungsfähiger zu machen? Oder was ist, wenn man sagen würde, wir fahren mit dem InterCity statt nach Oberstdorf nach Füssen und gucken, welches Fahrgastpotential Schloss Neuschwanstein für einen täglichen Fernverkehrszug bereithält?

Es müssen Alternativen her, die funktionieren und die darauf aufbauen, den Eisenbahnverkehr am laufen zu halten anstatt ihn einzustellen und auszudünnen. Gerade ein Konzern, der sich seit einigen Jahren das Motto „starke Schiene“ zugunsten des inländischen Eisenbahnverkehrs auf die Fahnen geschrieben hat, muss doch Ingenieure, Tüftler und Erfinder haben, denen mehr einfällt als ein „Das geht aber nicht“. Wir brauchen Lösungen, keine Probleme.

Siehe auch: Fernverkehrseinschränkungen im Allgäu
Foto: Deutsche Bahn AG / Dirk Wittmann

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